Die Liebe gewinnt: Jasmin und Lorena durften sich in diesem Jahr endlich offiziell vermählen. © zvg
Die Liebe gewinnt: Jasmin und Lorena durften sich in diesem Jahr endlich offiziell vermählen. © zvg

MAGAZIN AMNESTY AMNESTY-Magazin Dezember 2022: Right to love Endlich Hochzeit

Von Natalie Wenger. Erschienen in «AMNESTY – Magazin der Menschenrechte» vom Dezember 2022.
Jasmin und Lorena gehören zu den ersten LGBTI*-Paaren in der Schweiz, die in diesem Jahr offiziell geheiratet haben.

Foto-LGBTI_nwe.jpg © Sandra Ardizzone Photography Die Hochzeit diesen August war nur noch eine Formsache. Ihre Liebe hatten Jasmin und Lorena bereits 2020 mit einer grossen Party gefeiert – zwei Jahre bevor das Schweizer Stimmvolk eine Änderung des Zivilgesetzbuchs annahm und gleichgeschlechtlichen Paaren endlich auch die Ehe ermöglichte. Die Eintragung als Paar hatten sie damals mit einer traditionellen Zeremonie gefeiert: weisse Kleider, üppige Dekoration, emotionale Reden und ganz viel Tanz. «Wir wollten zeigen: Wir können das genauso gut wie Hetero-Paare», sagt Lorena.

Kennengelernt haben sich Jasmin und Lorena an der Pädagogischen Hochschule Zürich, wo beide eine Ausbildung zur Lehrerin absolvierten. Anfangs hatten sie nur wenig miteinander zu tun, doch dann kam das Schicksal ins Spiel: In einem Modul, das sie gemeinsam besuchten, mussten sie einen Tanz einstudieren. Jasmin war begeistert von Lorenas Talent und bat sie um Nachhilfe. «Ich selbst konnte überhaupt nicht tanzen.»

Die Proben wurden bald auf gemeinsames Tanzen in Clubs ausgeweitet. Erste feine Funken flogen. Lorena fühlte sich zu Jasmin hingezogen. «Sie ist schön, sportlich, intelligent. Dabei interessierte ich mich damals noch gar nicht für Frauen», sagt sie. Jasmin erwiderte ihre Gefühle jedoch – noch – nicht. Trotzdem blieben sie befreundet. Jasmin half Lorena bei den ersten Schritten in der Regenbogenwelt, beantwortete all ihre Fragen.

Als Lorena ein Jahr später für einen Sprachaufenthalt in Bologna weilte und Jasmin den Sommer auf einer Ranch in den USA verbrachte, blieben sie über die sozialen Medien in Kontakt. Immer stärker fühlte sich Jasmin zu Lorena hingezogen. Sie realisierte, dass sie gerne die Frau an Lorenas Seite wäre. Am 22. Dezember 2012 wurden Jasmin und Lorena ein Paar.

Lorena merkte, wie heteronormative Vorstellungen in ihre Beziehung zu Jasmin einflossen. Doch sie wehrte sich gegen Stereotypisierungen – auch gegen die in ihrem eigenen Kopf. «Ich war angetrieben von der Neugier, die Liebe zu einer Frau in all ihren Facetten zu erkunden.»

Zehn Jahre später ist ihre Beziehung stärker denn je. Am 4. August 2022 konnten sie sich nun offiziell das Ja-Wort geben. Für die beiden war dies ein Triumph: Sie haben sich aktiv für die Kampagne «Ehe für alle» und für queere Gleichberechtigung eingesetzt, sind auf die Strasse gegangen und haben mit ihrem Umfeld und den Schüler*innen über die unterschiedlichen Formen der Liebe diskutiert. «Vor dem Volksentscheid fühlte ich mich wie eine Bürgerin zweiter Klasse», sagt Jasmin. «Der Entscheid zeigte uns, dass wir so akzeptiert werden, wie wir sind.»

Zwei Mütter

Seit vergangenem Jahr sind Jasmin und Lorena stolze Eltern – einer der Gründe für die Heirat: «Unser Sohn kann nun sagen, seine Eltern seien verheiratet, ohne dass er dazu mehr erklären muss», sagt Jasmin. Der Kinderwunsch war erst mit der Zeit gekommen. «Ich dachte immer, ich würde keine Kinder haben», sagt Jasmin. Lorena dagegen wünschte sich stets eine Familie. «Allerdings kam in meiner Vorstellung nie eine Frau vor.»

Ihr Sohn wurde mithilfe eines Samenspenders gezeugt. Jasmin blieb nach der Geburt sieben Monate zu Hause. Das Leben des Paars wurde durch das Kind auf den Kopf gestellt. Geholfen hat ihnen in dieser Zeit die stete offene Kommunikation. Jasmin ist sich sicher, dass ihnen oft sogar entgegenkommt, dass ihr Sohn zwei Mütter hat. «Denn wir denken beide mit», sagt sie. Sie entschieden, offen mit ihrem Sohn über alles zu sprechen. Sie wünschen sich, dass es irgendwann kein Thema mehr sein wird, dass er zwei Mütter hat. Dass sie nicht ständig gemustert oder gar beschimpft werden. «Er soll einfach ein glücklicher Junge sein dürfen mit Eltern, die ihn lieben», sagt Jasmin.