Ich bin als Kind in einem Dorf im Schweizer Mittelland aufgewachsen, in dem im Winter während Tagen die Strasse den Hügel hoch zu unserem Weiler für den Verkehr gesperrt war – wegen des vielen Schnees gab es schlicht kein Durchkommen. Dann fuhren wir mit dem Schlitten runter zur Schule und spielten nachmittags Eishockey auf einem gefrorenen Weiher am Waldrand. Wenn ich meinen Kindern davon erzähle, klingt das wie eine sentimentale Erzählung aus einer verlorenen Zeit. Im Hitzesommer des vergangenen Jahres sahen wir mit eigenen Augen, wie in den Alpen Eisfelder und Gletscher dahinschmolzen und einstmals stolze Bäche zu traurigen Rinnsalen verkamen. Die globale Erwärmung ist heute sichtbar, und sie hat massive Folgen für Natur und Mensch, auch in der Schweiz.
Die Angst um die Zukunft unseres Planeten treibt viele junge Menschen zu Protesten auf die Strasse. Andere verdrängen das Problem weiterhin oder weisen jegliche Verantwortung von sich. En vogue ist es in gewissen politischen Kreisen, die Klimaaktivist*innen selbst zu attackieren und ihre Glaubwürdigkeit infrage zu stellen. Sich ums Klima Sorgen zu machen, sei ein Luxus, den sich nur «Wohlstandsverwöhnte» leisten könnten, der Rest der Welt müsse sich darum kümmern, genügend Essen auf den Teller zu kriegen. Es mache ja doch keinen Unterschied, wie viel CO2 wir hier in die Luft setzten – entschieden werde das Schicksal des Klimas in China oder Brasilien, so die Argumentation derer, die trotz Untergangsszenarien keinen Handlungsbedarf sehen. Diese Haltung verkennt, dass der reiche Norden den Grossteil des Problems selbst verursacht hat.
Die Politik hat es in der Hand, die globale Katastrophe abzuwenden.
Die Politik hat es in der Hand, die globale Katastrophe abzuwenden. In der Schweiz können Stimmbürger*innen mit den Mitteln der direkten Demokratie eingreifen: etwa mit einem Ja an der Urne zum neuen Klimazielgesetz, das die Treibhausgas- Emissionen in der Schweiz bis 2050 auf netto null senken will. Oder indem wir von den Kandidat*innen für das eidgenössische Parlament in diesem Wahljahr ein Bekenntnis zum Schutz unserer Lebensgrundlagen fordern.
Der Klimawandel ist eines der drängendsten Menschenrechtsthemen unserer Zeit. Millionen von Menschen leiden bereits jetzt unter den Folgen von Katastrophen, die durch den Klimawandel verschärft werden: von anhaltender Dürre in Subsahara-Afrika über tropische Stürme in Südostasien, der Karibik und dem Pazifik bis hin zu verheerenden Überschwemmungen wie zuletzt in Pakistan.
Der Klimawandel wird die bestehenden Ungleichheiten auf der Welt vergrössern und verschärfen. Die globale Erwärmung bedroht das Recht auf Leben, Wasser oder Nahrung. Deshalb setzt sich Amnesty International als Menschenrechtsorganisation für Klimagerechtigkeit ein.
Die Situation ist alarmierend, die verfügbare Zeit knapp. Es braucht einen nationalen und internationalen Kraftakt zum radikalen Ausstieg aus den fossilen Energien und ein sofortiges Ende des «Courant normal». Zu viel Zeit wurde verplempert mit immer neuen Ausflüchten, warum jetzt noch nicht der Zeitpunkt zum Handeln sei oder erst jemand anderes in der Pflicht stehe. Beginnen wir also vor unserer Haustür und fordern den politischen Wandel ein!