Gilda Sahebi
© Hannes Leitlein
«Unser Schwert ist Liebe» entführt uns in die Tiefen des feministischen Aufstands im Iran. Das Buch beleuchtet die Proteste aus unterschiedlichen Blickwinkeln und zeigt die starke Verbindung der im Iran aufgewachsenen Autorin zum Thema. Sahebi wirft Schlaglichter auf die vielen Aspekte dieser Bewegung – die Kraft der Musik, die Bedeutung feministischer Perspektiven und die lange Geschichte gewaltsamer Unterdrückung. Die Expertin für Menschen- und Frauenrechte im Nahen Osten, die auch Medizin studiert hat, gibt Einblicke in die Rolle des Gesundheitspersonals und die Möglichkeiten des Journalismus im Iran. Auch die im Iran verhaftete Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh und andere Iraner*innen kommen zu Wort und sprechen über Justiz, Gesundheitssystem und Unterdrückung. Dabei skizziert Sahebi ergreifende Porträts von Frauen, die mutig demonstrieren, und von Verfolgten wie dem Rapper Toomaj, der inhaftiert und gefoltert wurde.
Das Buch stellt die schrecklichen Schicksale derjenigen in den Fokus, die in der Protestbewegung ihr Leben verloren haben. Am Ende des Buches listet Sahebi auf mehr als 15 Seiten die Namen von 489 Personen auf, die gestorben sind. Darunter ist auch Hasti Naroei – ein gerade mal 6-jähriges Mädchen, das aufgrund einer Tränengasattacke erstickte. Die aufgeführten Todesursachen – erschossen, misshandelt, gefoltert – spiegeln die Brutalität der iranischen Regierung wider. Sahebi schildert drastische Details und ermöglicht einen tiefen Einblick in die tragischen Folgen der Repression. Während die Anzahl von sich scheinbar widerholenden Geschichten zu einer gewissen Resilienz führen kann, betont Sahebi legitimerweise die Wichtigkeit dieser Nacherzählungen, damit die Namen und die Schicksale dahinter nicht vergessen gehen.
Sahebi schildert drastische Details und ermöglicht einen tiefen Einblick in die tragischen Folgen der Repression.
Die Erzählungen über die Protestbewegung aus unterschiedlichsten Blickwinkeln und aus persönlicher Sicht der Autorin lässt Liebe als treibende Kraft des Widerstands gegen die Unterdrückung sehr eindrucksvoll zwischen den Zeilen durchdringen. Mitunter ist es etwas gewöhnungsbedürftig, wie die Autorin zwischen der Nacherzählung der Geschehnisse seit dem September 2022 und ihren eigenen Kindheitserinnerungen abwechselt. Doch Sahebis zugänglicher und beinahe nüchterner Schreibstil schafft es, sachliche Informationen zu vermitteln und gleichzeitig in den Bann zu ziehen.
«Unser Schwert ist Liebe» ist ein mutiger und eindringlicher Bericht über die feministische Protestbewegung im Iran. Gilda Sahebi, die 2022 von «Focus» zu einer der «100 Frauen des Jahres» ernannt wurde, erinnert uns an die anhaltende Gewalt im Land und zeigt, wie Iraner*innen der furchtbaren Brutalität des Regimes die grösste Kraft entgegensetzen: Liebe.