Will sich und seine Werke nicht vereinnahmen lassen: John Armleder. © Jean-Marie Banderet / Amnesty Schweiz
Will sich und seine Werke nicht vereinnahmen lassen: John Armleder. © Jean-Marie Banderet / Amnesty Schweiz

MAGAZIN AMNESTY AMNESTY-MAGAZIN DEZEMBER 2023 – Kunst und Menschenrechte Abstrakte Kunst, konkretes Engagement

Von Jean-Marie Banderet. Erschienen in «AMNESTY – Magazin der Menschenrechte» vom Dezember 2023.
Der Genfer Künstler John Armleder, ein überzeugter Antimilitarist, zieht es vor, sein politisches und soziales Engagement nicht mit seiner Arbeit zu vermischen, damit der abstrakte Charakter seiner Werke erhalten bleibt.

Er trenne seine Arbeit klar von privaten Meinungen, sagt der Genfer Künstler John Armleder: «Ich habe nie beabsichtigt, dass meine Werke mein soziales und politisches Engagement widerspiegeln. Ich übe mein politisches Engagement als Privatmensch aus, nicht als Künstler. Ich habe die Botschaft immer von meiner Arbeit getrennt, die im absoluten Sinne des Wortes wirklich abstrakt ist.»

Und doch war sie schon immer da, seine ethische Haltung. So sass Armleder 1967 wegen Kriegsdienstverweigerung sieben Monate im Gefängnis. Es wurde eine einschneidende Erfahrung, die sein antimilitaristisches Engagement festigte, denn nachdem er politische Flugblätter aus dem Fenster der Zelle für Verweigerer geworfen hatte, wurde er zu den «echten Kriminellen» verlegt.

Der Künstler, der immer noch in Genf lebt und arbeitet, fand schon früh zu seiner Bestimmung. Er habe bereits 1956 im MoMA in New York «eine Art Erleuchtung» gehabt, als er vor Kasimir Malewitschs «Weissem Quadrat auf weissem Hintergrund» stand, erzählt er. In diesem Moment sei ihm klar geworden, dass es das war, was er mit seinem Leben machen wollte.

«Der wahre Schöpfer eines Werks ist derjenige, der es betrachtet». John Armleder

Inzwischen ist Armleder einer der bekanntesten bildenden Künstler der Schweiz geworden. Er ist aber auch Galerist. So stellt er jedes Jahr auf der Art Basel Werke anderer Künstler*innen aus und zahlt ihnen – entgegen den Gepflogenheiten der Branche – den gesamten Verkaufspreis aus.

John Armleder ist sich bewusst, dass Kunst immer für Propagandazwecke missbraucht werden kann. Von Napoleon Bonaparte bis Stalin – an historischen Beispielen mangle es nicht. Deshalb hüte er sich davor, «zu denken, dass meine Tätigkeit irgendetwas veranschaulicht, einem Diskurs dient oder eine Meinung widerspiegelt, weil ich nicht will, dass die herrschende Macht sie für ihre Zwecke wiederverwendet».

Andererseits hat er nichts dagegen, wenn die Menschen seine Werke auf ihre Weise interpretieren, denn seiner Meinung nach ist «der wahre Schöpfer eines Werks derjenige, der es betrachtet».