© Laurence Rasti / Amnesty International
© Laurence Rasti / Amnesty International

MAGAZIN AMNESTY AMNESTY-Magazin März 2025 – Ausstellung Junge Geflüchtete erzählen

Von Jean-Marie Banderet. Erschienen in «AMNESTY – Magazin der Menschenrechte» vom März 2025.
In der Ausstellung «Auf mich allein gestellt» tauchen die Besucher*in nen in die Geschichten und Situationen von jungen Menschen ein, die als minderjährige Geflüchtete in die Schweiz gekommen sind.
«Hier ist man auf sich allein gestellt. Man fragt sich, wie es der Familie geht, die in Afghanistan geblieben ist … Es ist unmöglich, ohne seine Familie zu leben.»
«Man lebt sechs Monate mit Leuten zusammen, baut eine enge Beziehung auf. Und dann muss man wieder umziehen und von vorne anfangen. Das ist sehr anstrengend. Alle Asylsuchenden erleben und kennen das.»
«Die Behörden haben mir meine Rechte, die mir als Minderjähriger zustehen, nicht gewährt. Das war sehr hart.»

 

Dies sind Zitate aus der Ausstellung «Auf mich allein gestellt», die aus Gesprächen mit jungen Menschen stammen. Sie haben als «Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende» (UMA) in der Schweiz Asyl beantragt – reisten also ohne Eltern oder andere Angehörige in die Schweiz und waren noch keine 18 Jahre alt. Ihre Aussagen, die einen Einblick in die Herausforderungen bieten, die UMA auf ihrer Flucht und bei ihrer Ankunft in Ländern wie der Schweiz erleben, sind die Grundlage der Ausstellung, die zurzeit in St.Gallen und danach in weiteren Städten zu sehen ist.

Der Herausforderung, die jungen Zitatgeber*innen selbst nicht zeigen zu können, begegnete die Fotografin Laurence Rasti mit einer Idee: Die Installation besteht aus grossen Stoffplanen, die Landschaftsszenen aus der Schweiz zeigen, wie man sie bei Google Maps anschauen kann. Auf diese wurden die Aussagen von jungen Asylsuchenden gedruckt. Die Poster zeigen also im Grossen das, was im Kleinen auf dem Bildschirm des Mobiltelefons sichtbar ist, das jede Person bei sich hat, die sich auf der Flucht befindet, und mit dem sie sich geografisch zu orientieren versucht.

Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der Fotografin und der Schweizer Sektion von Amnesty International. Amnesty zapfte ihr Netzwerk an, um mit Jugendlichen in Kontakt zu treten, die bereit sind, von sich zu erzählen. «Es war wichtig, junge Menschen zu finden, bei denen die Beantwortung unserer Fragen nicht das Risiko barg, die auf dem Weg der Migration erlittenen Traumata zu reproduzieren», erzählt Judith Fiss, Koordinatorin für Bildung und Aktivismus bei Amnesty Schweiz und Kuratorin der Ausstellung. Drei Jugendliche aus Afghanistan und eine aus Syrien waren bereit mitzumachen. «Die Interviews wurden mit ihnen gemeinsam vorbereitet und danach haben wir ein Debriefing durchgeführt», erklärt Judith Fiss. «In Laurence Rasti fanden wir eine engagierte Künstlerin, die für ethische Fragen sensibilisiert ist. Sie hat bereits mit UMA, aber auch mit Häftlingen gearbeitet.»

«Ich hätte gerne das Gymnasium besucht. Ich habe meine Prüfungen bestanden, ich habe ein Stipendium beantragt, aber es wurde mir verweigert, weil ich einen F-Ausweis habe.» Dieses Zitat beeindruckte die Schüler*innen eines jurassischen Gymnasiums, in dem die Ausstellung bereits gezeigt wurde, besonders. «Wir können uns leicht mit den Geflüchteten identifizieren, weil sie in unserem Alter sind. Es ist seltsam, dass in einem Land wie der Schweiz manche Menschen von einer Ausbildung abgehalten werden», war eine Reaktion der jungen Ausstellungsbesucher*innen.