«Bulldozer wurden zu einem Regierungsinstrument», sagte Wole Soyinka, einer der berühmtesten Schriftsteller Afrikas. Als «Schande für den Kontinent» bezeichnete der Literaturnobelpreisträger die Zerstörung der Slums in Simbabwe. Von einer «desaströsen Politik» sprach die Uno in ihrem kürzlich veröffentlichten Bericht. Durch die Mitgliedschaft Simbabwes werde die Uno-Menschenrechtskommission «illegitim und irrelevant», kritisierte Bill Frist, Fraktionschef der Republikaner im US-Senat. «Simbabwe übt eine repressive Kontrolle über Politik und Medien aus, schikaniert Bürgerrechtler und schafft ein Klima, in dem Oppositionelle um ihre Sicherheit fürchten müssen», doppelte der US-Diplomat William Brencick bei der Wiederwahl Simbabwes in die Uno-Menschenrechtskommission vom April nach. Der simbabwische Uno-Botschafter Boniface Chidyausiku übte sich bei der Auseinandersetzung auch nicht gerade in Diplomatie: «Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen», hielt er den Kritikern aus den USA entgegen.
«Vertreibt den Abfall»
Nicht abschliessend geklärt werden kann wohl die Frage, wer bei dieser Auseinandersetzung wirklich im Glashaus sitzt. Tatsache ist aber, dass in Simbabwe etwa 700000 Personen obdachlos und rund 2,4 Millionen Leute angegriffen wurden. «Eine katastrophale Ungerechtigkeit» sei den Ärmsten des Landes widerfahren, kritisierte Uno-Generalsekretär Kofi Annan. Die Vereinten Nationen haben Ende Juli die Zerstörung der Armenviertel scharf kritisiert und forderten eine Bestrafung der Verantwortlichen. Die Aktionen unter dem vielsagenden Titel «Vertreibt den Abfall» seien auf Geheiss einiger – nicht näher genannter – Personen in «ungerechtfertigter Weise» erfolgt und «mit Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Leid» ausgeführt worden. Zu diesem Schluss kam die Uno-Sondergesandte Anna Tibaijuka in ihrem Abschlussbericht.
Simbabwes Präsident Robert Mugabe hat das Vorgehen offiziell als Massnahme gegen den blühenden Schwarzmarkt gerechtfertigt und die Freigabe von rund 280 Millionen Dollar für Neubauprojekte angekündigt. Gegner sehen darin allerdings einen Vergeltungsakt gegen Teile der Bevölkerung, die bei den Wahlen im März überwiegend für die Opposition gestimmt hatten. Es wird zudem bezweifelt, dass sich Simbabwe angesichts einer Inflation von 144 Prozent und den schätzungsweise vier Millionen Menschen, die auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind, die angekündigten Ausgaben für den Bau neuer Wohnviertel überhaupt leisten kann. Der Uno-Botschafter Tony Hall zeigte sich Anfang August nach einem dreitägigen Besuch in Simbabwe denn auch sehr besorgt um die Lebensmittelsituation im Land. Gemäss Hall hat Simbabwe nicht genug Nahrung für die Zukunft und der eingeschlagene Weg der Regierung werde die Krise nur noch verstärken.
Farbe bekennen
Amnesty International (AI) ihrerseits begrüsste die Verurteilung von Simbabwes Regierung durch den Uno-Bericht. Die Menschenrechtsorganisation fordert zudem, dass die Opfer angemessen entschädigt werden: «Ihnen stehen eine neue Unterkunft und eine finanzielle Entschädigung zu.» Für AI ist die Räumung der Slums jedoch nur die Spitze des Eisberges. So hat Simbabwe wiederholt das Recht auf Nahrung verletzt und verfolgt systematisch politische Oppositionelle und MenschenrechtsverteidigerInnen. AI fordert, die Afrikanische Union und ihre Mitgliedstaaten müssten endlich Farbe bekennen und Präsident Mugabe und seine Regierung für ihre Vergehen gegen das eigene Volk verurteilen.
Erschienen im Magazin AMNESTIE! vom August 2005
Herausgegeben von Amnesty International, Schweizer Sektion¨