Charles (13) und sein Vater sortieren Steine, die Kobalt enthalten an den Ufern des Malo-Sees ausserhalb von Kolwezi (Demokratische Republik Kongo) Mai 2015 © Amnesty International and Afrewatch
Charles (13) und sein Vater sortieren Steine, die Kobalt enthalten an den Ufern des Malo-Sees ausserhalb von Kolwezi (Demokratische Republik Kongo) Mai 2015 © Amnesty International and Afrewatch

Demokratische Republik Kongo Kinderarbeit für Mobiltelefone und Elektroautos

Medienmitteilung 19. Januar 2016, London/Bern – Medienkontakt
Grosse Unternehmen der Elektronikbranche, darunter Apple, Samsung oder Sony, kontrollieren nicht, ob für ihre Produkte Kinder in Kobaltminen ausgebeutet werden. Das stellen Amnesty International und Afrewatch in einem Bericht fest.

In dem Bericht «This is what we die for: Human rights abuses in the Democratic Republic of the Congo power the global trade in cobalt» (pdf, 88 p.) wird die Handelskette von Kobalt zurückverfolgt bis zu den Minen, in denen Kinder – manche von ihnen sind erst sieben Jahre alt – und Erwachsene unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten müssen. Kobalt wird vor allem für Lithium-Ionen-Batterien und Akkus in Smartphones und Batterien von Elektroautos verarbeitet.

«Die Edel-Shops und innovativen Marketingkampagnen der Technologiekonzerne stehen im krassen Widerspruch zu dem Bild von Steine schleppenden Kindern und Minenarbeitern, die sich durch enge handgegrabene Schächte winden und dabei ihre Lungen ruinieren», sagt Mark Dummett, Researcher für Wirtschaft und Menschenrechte bei Amnesty International.

«Millionen von Menschen nutzen mit Begeisterung die neuesten Geräte auf dem Markt, aber nur die wenigsten machen sich Gedanken über deren Herstellung. Es wird höchste Zeit, dass die grossen Konzerne Verantwortung übernehmen für die Arbeitsbedingungen in den Minen, aus denen die Rohstoffe für ihre lukrativen Produkte gewonnen werden.»

In dem Bericht wird dokumentiert, wie die Händler Kobalt in Gegenden einkaufen, in denen Kinderarbeit üblich ist und Minenarbeiter schwere gesundheitliche Schäden erleiden.

Die Händler verkaufen das Kobalt an das Unternehmen Congo Dongfang Mining (CDM), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des chinesischen Rohstoff-Riesen Zhejiang Huayou Cobalt Ltd (Huayou Cobalt). In der Demokratischen Republik Kongo werden mindestens 50 Prozent des weltweit benötigten Kobalts gewonnen. Huayou Cobalt, beziehungsweise die Tochterfirma CDM, ist das grösste verarbeitende Unternehmen für Industriemetalle in der DR Kongo und beziehen 40 Prozent ihres Kobalts von dort.

Amnesty International hat bei der Recherche Dokumente der Investoren eingesehen, die belegen, dass die Huayou Cobalt und die untergeordnete CDM das Kobalt verarbeiten, bevor sie es an drei Hersteller von Batteriekomponenten in China und Südkorea weiterverkaufen. Diese wiederum verkaufen ihre Produkte an Batteriehersteller, die angeben, dass sie Technologieunternehmen und Autohersteller beliefern wie Apple, Microsoft, Samsung, Sony, Daimler und Volkswagen.

Amnesty International hat 16 multinationale Konzerne kontaktiert, die auf der Kundenliste der Batteriehersteller standen, die von Huayou Cobalt beliefert werden. Nur ein Konzern hat diese Verbindung bestätigt, vier waren nicht in der Lage zu sagen, ob sie Kobalt aus der Demokratischen Republik Kongo oder von Huayou Cobalt kaufen. Sechs Unternehmen haben angekündigt, dass sie die Anschuldigungen untersuchen würden, fünf haben schlichtweg bestritten, dass sie Kobalt von dieser Firma bezogen haben, obwohl sie auf öffentlichen Dokumenten der Firma als Kunden aufgelistet sind. Der entscheidende Faktor aber ist, dass kein einziges Unternehmen ausreichende Informationen hatte, um zu belegen, woher das Kobalt in ihren Produkten stammt.

«Das ist das Paradoxe in unserer digitalen Zeit, dass einige der weltweit reichsten und innovativsten Unternehmen unglaublich hochentwickelte Geräte auf den Markt bringen, ohne nachweisen zu müssen, woher der Rohstoff für ihre Produkte stammt», sagt Emmanuel Umpula, Executive Director von Afrewatch.

Konzernverantwortungsinitiative in der Schweiz

Der aktuelle Bericht von Amnesty International und Afrewatch belegt einmal mehr: Solange die Regierungen der Länder, in denen Rohstoffe verarbeitet werden, und die Länder, in denen die multinationalen Unternehmen ihren Sitz haben, Konzerne und Unternehmen nicht dazu verpflichten, entlang der gesamten Lieferkette Verantwortung zu übernehmen, wird es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen und Missbräuchen kommen.  

Deshalb hat Amnesty International in der Schweiz gemeinsam mit 70 weiteren Organisationen die Konzernverantwortungsinitiative lanciert. Ziel dieser Initiative ist es, verbindliche Regeln für Konzerne zum Schutz von Mensch und Umwelt zu schaffen – auch bei Auslandstätigkeiten. Die Sorgfaltsprüfungspflicht ist ein zentrales Element, um im wirtschaftlichen Wettbewerb auch mehr Fairness zu schaffen. Denn ein grosser Teil der Schweizer Unternehmen handelt schon heute vorbildlich und soll gegenüber skrupellosen Konkurrenten nicht länger benachteiligt bleiben.

Liste der angefragten Firmen

Ahong, Apple, BYD, Daimler, Dell, HP, Huawei, Inventec, Lenovo, LG, Microsoft, Samsung, Sony, Vodafone, Volkswagen und ZTE.

Video: «This is what we die for» (in Englisch)