Die Ausweitung industrieller Kobalt- und Kupfererzminen in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) hat zu rechtswidrigen Zwangsräumungen, sexualisierter Gewalt, Brandstiftung und Misshandlung geführt. Im Bericht «Powering Change or Business as Usual?» (PDF, 100 pages in Englisch) dokumentieren Amnesty International und die Nichtregierungsorganisation Initiative pour la Bonne Gouvernance et les Droits Humains (IBGDH), wie Bergbauprojekte multinationaler Unternehmen dazu geführt haben, dass Menschen aus ihrem Zuhause und von ihrem Ackerland vertrieben wurden.
«Die staatlich unterstützten rechtswidrigen Zwangsräumungen im Zuge der industriellen Förderung von Kupfer- und Kobalterz zerstören unzählige Leben und müssen umgehend aufhören», fordert Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International. «Viele Menschen in der Demokratischen Republik Kongo wurden in der Kolonial- und Postkolonialzeit grausam ausgebeutet und misshandelt. Bis heute werden ihre Rechte missachtet und Erträge aus lokalen Bodenschätzen werden ihnen vorenthalten. Rohstoffe aus der Demokratischen Republik Kongo spielen eine zentrale Rolle bei der Energiewende, aber Klimagerechtigkeit erfordert einen Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien, der die Menschenrechte achtet. Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft darf nicht auf Kosten der Menschen vor Ort ausgetragen und ihre Rechte dürfen nicht mit Füssen getreten werden.»
Im Durchschnitt sind mehr als 13kg Kobalt erforderlich, um die Batterie für ein Elektrofahrzeug herzustellen, und etwa 7g für einen Mobiltelefonakku. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Kobalt bis 2025 auf 222‘000 Tonnen ansteigen wird, dreimal mehr als noch 2010.
Drohungen, Brandstiftung und sexualisierte Gewalt
In Kolwezi in der Provinz Lualaba sind allein im Stadtteil Cité Gécamines rund 39.000 Menschen von der Zerstörung ihres Viertels betroffen, seit 2015 ein riesiger Kupfer- und Kobalterz-Tagebau den Betrieb wieder aufgenommen hat. Seitdem wurden hunderte Bewohner*innen aufgefordert, das Viertel zu verlassen oder mussten bereits umziehen. Die betroffenen Anwohner*innen wurden nicht angemessen konsultiert und die Pläne zur Erweiterung der Mine nicht veröffentlicht. Einige Anwohner*innen erfuhren erst, dass ihre Häuser abgerissen werden sollten, als diese mit roten Kreuzen markiert wurden. COMMUS, der Betreiber der Mine, gab gegenüber Amnesty International an, die Kommunikation mit Betroffenen verbessern zu wollen.
Amnesty International hat dokumentiert, dass Armeeangehörige die Siedlung Mukumbi bei Kolwezi abgebrannt haben. Die nahegelegene Mine wird von Chemicals of Africa SA (Chemaf) betrieben, einer Tochtergesellschaft der Chemaf Resources Ltd. mit Hauptsitz in Dubai.
Gemeindesprecher Ernest Miji sagte, dass nach dem Erwerb der Konzession 2015 drei Vertreter*innen des Unternehmens Chemaf in Begleitung von zwei Polizist*innen zu ihm kamen, um ihm mitzuteilen, dass es für die Bewohner*innen von Mukumbi Zeit sei, wegzuziehen. Er sagte, dass er noch vier weitere Male Besuch von den Unternehmensvertreter*innen erhielt. Satellitenbilder belegen, dass Mukumbi mit seinen zuvor 400 Gebäuden – darunter eine Schule, eine Gesundheitseinrichtung und eine Kirche – bis zum 7. November 2016 komplett zerstört worden war.
In der Nähe von Kolwezi betreibt eine Tochtergesellschaft der Eurasian Resources Group (ERG), ein Konzern mit Sitz in Luxemburg, dessen grösster Anteilseigner die Regierung von Kasachstan ist, die Aufbereitungsanlage Metalkol Roan Tailings Reclamation (RTR). 21 Landwirt*innen berichteten Amnesty International, dass Soldat*innen das Gebiet im Februar 2020 besetzt und ihre nahegelegenen Felder verwüstet haben. Die Landwirt*innen waren weder angemessen konsultiert noch informiert worden. Eine Frau schilderte, wie sie versuchte, ihre Ernte vor der Vernichtung einzufahren, als sie von drei Soldaten angegriffen und vergewaltigt wurde, während andere Soldaten zusahen.
Der ERG-Konzern erklärte, er habe keine Kontrolle über den Einsatz von Armeeangehörigen. Seinen Angaben zufolge habe die Regierung sich vergewissert, dass das Landwirtschaftskollektiv eine Entschädigung von einem früheren Minenbetreiber erhalten habe, was die Landwirt*innen jedoch bestreiten.
Zwangsräumungen müssen aufhören
Amnesty International fordert die Behörden der DR Kongo auf, rechtswidrige Zwangsräumungen unverzüglich zu beenden und eine unabhängige Untersuchungskommission einzusetzen. Sie müssen die nationalen Gesetze für Bergbau und Zwangsräumungen im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards weiter stärken und durchsetzen. Das Militär darf niemals an Zwangsräumungen beteiligt werden
Die Behauptungen der Unternehmen, sich an hohe ethische Standards zu halten, haben sich als unaufrichtig erwiesen. Sie sind jetzt in der Verantwortung, die festgestellten Missstände zu untersuchen, Wiedergutmachung bereitzustellen und weiteren Schaden zu verhindern.