In der kanadischen Provinz British Columbia bedroht ein Staudammprojekt die Lebensgrundlage indigener Gemeinschaften: © Amnesty International Canada
In der kanadischen Provinz British Columbia bedroht ein Staudammprojekt die Lebensgrundlage indigener Gemeinschaften: © Amnesty International Canada

Kanada Wirtschaftsprojekt bedroht Indigene

9. August 2016
Ein riesiger Staudamm, der in der kanadischen Provinz British Columbia gebaut wird, verstösst gegen Kanadas Verpflichtungen, die Rechte indigener Gemeinschaften zu achten. Der Staudamm würde den Indigenen im Peace River Valley den Zugang zu Gebieten und Gewässern abschneiden, die zentraler Bestandteil ihrer Kultur und Lebensgrundlage sind. Dies belegt ein neuer Amnesty-Bericht.

Der Site-C-Staudamm würde mehr als 100 Kilometer des Peace Rivers und seiner Nebenflüsse überfluten. Dieses Land ist Teil der traditionellen Gebiete zahlreicher indigener Völker in der Region. Mit der Veröffentlichung des Berichts «Sacrificing rights in the name of development» am Internationalen Tag der indigenen Bevölkerung am 9. August begann die weltweite Amnesty-Kampagne gegen den Staudamm.

«Der Bau des Site-C-Staudamms zeigt, dass die Indigenenrechte in der Region Amerikas in der Praxis noch immer verletzt werden», sagte Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerikas bei Amnesty International. «Die Indigenenrechte werden auf dem Papier von einem historischen Vertrag, der kanadischen Verfassung und internationalen Menschenrechtsstandards geschützt, tatsächlich aber missachtet. Dabei hat das Staudammprojekt weder einen klaren Nutzen, noch die Zustimmung der indigenen Gemeinschaften, die darunter leiden werden.»

Die Zuständigen in den kanadischen Behörden haben offen zugegeben, dass im Bewilligungsprozess nicht geprüft wurde, ob das Projekt die Rechte der indigenen Bevölkerung verletzt. Der Bau wird dennoch vorangetrieben, obwohl die Völker der West Moberly First Nations und der Prophet River First Nation den Site-C-Staudamm zurzeit gerichtlich anfechten.

Der Staudammbau ist besonders besorgniserregend, weil in der Region der Abbau von Öl, Gas und anderen Ressourcen das Land der Indigenen, das sie für ihre Zeremonien, den Nahrungsmittelanbau und die Weitergabe ihrer Traditionen nutzen, bereits stark reduziert hat.

«Mündliche Zusagen von Regierungen, die Rechte der indigenen Bevölkerung zu achten, sind nicht genug. Die Rechte müssen vielmehr in der Praxis geschützt werden. Alles andere ist eine Fortführung des Rassismus und der Diskriminierung, die in den vergangenen Jahrhunderten zur Verarmung und Enteignung von indigenen Bevölkerung auf der ganzen Welt geführt haben», so Erika Guevara-Rosas.

Sprecherin Lynette Tsakoza von der Prophet River First Nation sagte Amnesty International: «Es ist noch nicht zu spät, um den Kurs zu ändern. Der Schaden am Peace River kann noch rückgängig gemacht werden. Indem sie den Site-C-Staudamm nicht baut, kann die Regierung allen Kanadierinnen und Kanadiern zeigen, dass die Regierung die Versöhnung mit der indigenen Bevölkerung ernst nimmt.»