Massaker von Tlatlaya Neue Hinweise auf aussergerichtliche Hinrichtungen

6. Juli 2015
Ein Jahr nach der Ermordung von 22 Menschen in der Gemeinde Tlatlaya sind Dokumente aufgetaucht, die darauf hinweisen, dass es sich bei dem Vorfall um eine aussergerichtliche Hinrichtung gehandelt haben könnte. Amnesty International fordert eine Untersuchung über die Befehls- und Kontrollmechanismen innerhalb der staatlichen Streitkräfte.

Soldaten der mexikanischen Armee töteten am 30. Juni 2014 22 mutmassliche Mitglieder einer Gang. Gemäss offizieller Verlautbarung handelte es sich dabei um eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen der Armee und einer kriminellen Bande. Die Nationale Menschenrechtskommission und eine eigens zur Untersuchung dieses Vorfalls eingesetzte Kommission sind jedoch in zwei separaten Untersuchungen zum Schluss gekommen, dass die Opfer nicht während des Schusswechsel starben, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, als sie schon keine Bedrohung mehr für die Soldaten darstellten. Die beteiligten Armeeangehörigen sind bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

Ein gutes Jahr nach dem Vorfall kam am 2. Juli 2015 ein militärischer Erlass vom 11. Juni 2014 ans Licht, dessen Wortlaut darauf hinweist, dass die Armeeführung dem in Tlatlaya stationierten Bataillon grünes Licht für das gezielte Töten von mutmasslichen Kriminellen gibt. Untersuchungen von Amnesty International und lokalen Menschenrechtsorganisationen zufolge, besteht eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Massaker vom 30. Juni 2014 um eine aussergerichtliche Hinrichtung durch das Militär handelte.

«Inmitten der gravierendsten Menschenrechtskrise in Mexikos jüngerer Geschichte, der Tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind, kommt dieses neue belastende Material ans Licht. Staatspräsident Enrique Peña Nieto muss öffentlich Stellung dazu nehmen und sich zu den Menschenrechten bekennen», sagt Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty International. «Wir fordern eine umfassende und unabhängige Untersuchung über die Art und Weise wie die Streitkräfte ihre Aufgabe zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit umsetzen.»

Internationale Medienmitteilung vom 3. Juli 2015 (in Englisch)