Proteste nach dem Tod von George Floyd in Washington DC am 3. Juni 2020. © Amnesty International
Proteste nach dem Tod von George Floyd in Washington DC am 3. Juni 2020. © Amnesty International

USA Polizeigewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen Black-Lives-Matter-Bewegung

Medienmitteilung 4. August 2020, London/Bern – Medienkontakt
Die Polizei in den USA hat mehrfache und schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Protestierende der Black-Lives-Matter-Bewegung verübt; auch Rettungspersonal, Medienschaffende und unabhängige Beobachterinnen und Beobachter waren davon betroffen.

Sicherheitskräfte setzten wiederholt körperliche Gewalt, chemische Reizstoffe wie Tränengas und Pfefferspray sowie Geschosse gegen friedliche Protestierende – zumeist Schwarze Menschen – ein. Der Bericht «The World is Watching: Mass Violations by US Police of Black Lives Matter Protesters’ Rights» dokumentiert Menschenrechtsverletzungen in diversen US-Bundesstaaten und Washington, D.C., die im Mai und Juni 2020 begangen wurden. Auch bei der Festnahme und Inhaftierung wurden die Rechte von Protestierenden wiederholt verletzt.

Der Einsatz von Tränengas ist während der Covid-19-Pandemie besonders unverantwortlich, da sich die Masken mit Tränengas vollsaugen.

«Die erschreckenden Schicksale der Betroffenen, die erblindet sind, brutal geschlagen wurden und andere schwerwiegende Verletzungen davongetragen haben, zeugen von dem gewalttätigen Vorgehen der US-Polizei gegen die Demonstrierenden», sagt Ernest Coverson, Kampagnenverantwortlicher gegen Waffengewalt bei Amnesty International USA. «Die unverhältnismässige und oft exzessive Gewaltanwendung zeigt in aller Deutlichkeit die zumeist straflos bleibende brutale Polizeigewalt und den institutionellen Rassismus, gegen die die Menschen auf die Strasse gegangen sind.»

Der Bericht beinhaltet zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen. Mit über 50 von ihnen hat Amnesty International Interviews geführt und knüpft damit an die interaktive Karte zu Gewalt gegen Protestierende an, welche die Menschenrechtsorganisation in Folge der landesweiten Proteste nach der Tötung von George Floyd am 25. Mai 2020 erstellt hatte.

«Die Trump-Regierung setzt auf militärartige Repression gegen Demonstrierende, mit der ungeheuerlichen Rechtfertigung des Einsatzes von Bundestruppen in Portland durch Generalstaatsanwalt William Barr und der Drohung, weitere Truppen in andere Städte zu entsenden. Die Handlungen von Präsident Trump bewegen sich auf einem rutschigen Hang zum Autoritarismus und müssen sofort beendet werden. Die Herangehensweise bei der Unterdrückung von Protesten muss von Grund auf geändert werden – auf lokaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene», sagte Justin Mazzola, Researcher bei Amnesty International USA.

Das Justizministerium und die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte aller US-Bundesstaaten müssen die Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen durch Polizisten und Polizistinnen wie auch den rechtswidrigen Einsatz von Gewalt bei öffentlichen Versammlungen umgehend wirksam und unparteiisch untersuchen. Alle Verantwortlichen, auch hochrangige Beamte und Beamtinnen, sind in Straf- oder Disziplinarverfahren zur Rechenschaft zu ziehen. Die Opfer müssen umfassend entschädigt werden.

Hintergrund

Vom 26. Mai bis 5. Juni 2020 dokumentierte Amnesty International in 13 Städten landesweit mindestens sechs Vorfälle, bei denen Sicherheitskräfte Schlagstöcke einsetzten, und 13 Fälle, in denen Schaumstoff- oder Gummigeschosse abgefeuert wurden. Darüber hinaus deckte Amnesty in zahlreichen Fällen den unnötigen Einsatz von Tränengas und Pfefferspray als Mittel erster Wahl auf, um grosse Gruppen friedlicher Protestierender aufzulösen: 89 Fälle von gezieltem Einsatze von Tränengas in den Städten von 34 Bundesstaaten, und 21 Fälle von rechtswidrigem Einsatz von Pfefferspray in 15 Bundesstaaten und in Washington, D.C. Derart unverhältnismässig wurde auch gegen Rettungspersonal, unabhängige BeobachterInnen und Medienschaffende vorgegangen.
 
Amnesty fordert den US-amerikanischen Kongress auf, das eingebrachte Gesetz zum Schutz von Protestierenden (Protect our Protestors Act of 2020 [HR 7315]) zu verabschieden. Die Organisation appelliert zudem an alle Strafverfolgungsbehörden, ihre Richtlinien und Praktiken für die Polizeiarbeit bei Protestveranstaltungen zu überarbeiten, um sie mit internationalen Menschenrechtsstandards in Einklang zu bringen. Hierzu zählen unter anderem der Verhaltenskodex der Vereinten Nationen für Beamtinnen und Beamte mit Polizeibefugnissen sowie die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen.

Pro Jahr werden in den USA mehr als 1000 Menschen von der Polizei getötet.

Pro Jahr werden in den USA mehr als 1000 Menschen von der Polizei getötet. Da die Regierung keine Daten dazu erhebt, ist die genaue Zahl unbekannt. Aus Statistiken geht hervor, dass unverhältnismässig viele Schwarze Menschen von der Polizei getötet werden.
 
Schwarze Menschen machen 13,2 Prozent der US-Bevölkerung aus, während 24,2 Prozent der von der Polizei durch Schusswaffen getöteten Menschen Schwarz sind. Tödliche Gewalt gegen Schwarze Menschen und People of Colour hängen in den USA mit der rassistischen Diskriminierung dieser Menschen durch Sicherheitskräfte zusammen. Dies drückt sich u. a. in unbegründeten Personenkontrollen, unverhältnismässiger Gewaltanwendung und Racial Profiling aus. Dies verstösst gegen internationale Menschenrechtsnormen, die jegliche Form von Diskriminierung verbieten.