Der Bericht «Island of Despair» («Insel der Verzweiflung») stützt sich auf monatelange Recherche mit mehr als 100 Interviews auf der Pazifikinsel Nauru und in Australien.
«Auf Nauru unterhält die australische Regierung ein Open-Air-Gefängnis, das dazu ausgelegt ist, so viel Leid wie möglich anzurichten, mit dem Ziel, einige der verletzlichsten Menschen weltweit davon abzuhalten, in Australien Schutz zu suchen», sagt Anna Neistat, leitende Rechercheurin bei Amnesty International.
Neistat ist eine der wenigen, denen es gelungen ist, auf die abgelegene und geheimnisvolle Insel zu gelangen. «Die australische Regierung hat verletzliche Frauen, Männer und Kinder an diesem abgelegenen Ort isoliert, von wo sie nicht weggehen können; mit der gezielten Absicht, den Menschen Leid zuzufügen. Und sie haben gelitten – mit verheerenden, teil irreversiblen Folgen», sagt Neistat.
Schockierender Katalog an Menschenrechtsverletzungen
Vor wenigen Wochen erst hat Australiens Premierminister Alcom Turnbull der Staatengemeinschaft die Politik seiner Regierung am Uno-Flüchtlingsgipfel zur Nachahmung empfohlen. Jetzt zeigt der Bericht von Amnesty auf, wie Australiens Abschreckungspolitik direkt für einen schockierenden Katalog an Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist.
«Die Politik der australischen Regierung ist das exakte Gegenteil dessen, was Länder anstreben sollten. Es ist ein Modell, das für minimalen Schutz und maximales Leid sorgt», sagt Neistat. «Vor 60 Jahren hat die Unterschrift der australischen Regierung das Inkrafttreten der Uno-Flüchtlingskonvention ermöglicht. Die bittere Ironie ist, dass heute das Land, das selbst so viel Flüchtlingen zu verdanken hat, schamlos internationales Recht verletzt und andere Länder dazu ermutigt, dasselbe zu tun.»
Australien hat Millionen von Dollars ausgegeben, um ein offensichtlich missbräuchliches «Verfahrenssystem» abseits der eigenen Küsten zu eröffnen und zu unterhalten. Gemäss dem Australian National Audit Office haben die Offshore-Zentren auf den Inseln Nauru und Manus in Papua-Neuguinea jährlich mehr als 573'000 australische Dollar pro Person gekostet (433‘000 Schweizer Franken).
«Die australischen Behörden sollten zum selben Schluss kommen und das Verfahrenszentrum auf Nauru schliessen, das Geld der Steuerzahler besser verwenden und anerkennen, dass jeder Asylsuchende und Flüchtling auf Nauru das Recht hat, sofort nach Australien zu gelangen. Diese Menschen können keinen Moment länger auf eine humane Lösung warten», sagt Anna Neistat.