«Diese absurde Entscheidung schafft einen gefährlichen Präzedenzfall für jeden Menschen, der versucht, die unverhältnismässige Anwendung von Gewalt durch die Polizei in Calais und dem Rest des Landes zu melden», kommentierte Nicolas Krameyer, Leiter des Programms Libertés bei Amnesty International Frankreich, dieses Gerichtsurteil. «Es wird sich auch abschreckend auf die Arbeit jener auswirken, die die Rechte von Migranten und Migrantinnen verteidigen. Darüber hinaus wird diese Entscheidung Menschen auf der Flucht in eine noch prekärere Situation bringen. »
Dieser Fall verdeutliche die Schikanen und Einschüchterungen gegen Freiwillige, die Menschen auf der Flucht helfen, sagte Krameyer weiter. Es geht dabei um Menschen, die nach der Zerstörung des ‹Dschungels› von Calais im Jahr 2016 obdachlos sind.
Diffamierungsgesetze, die eine legitime Kritik an Staatsbeamten verhindern, stehen im Widerspruch zum Recht auf freie Meinungsäusserung. Die Behörden müssen aufhören, MenschenrechtsverteidigerInnen mit Hilfe der Justiz zu schikanieren.
Hintergrundinformationen
Der Tweet wurde im Januar 2018 von Loan Torondel veröffentlicht, einem Menschenrechtsverteidiger, der damals die humanitäre Situation von MigrantInnen in Calais im Rahmen seiner Arbeit für den Verein «L'Auberge des Migrants» überwachte. Das dem Tweet beigefügte Foto zeigt französische Polizisten, die über einem Mann stehen, der offenbar ein Migrant ist und auf einem Schlafsack sitzt. Die Bildlegende suggeriert, dass die Polizisten dem Mann mitten im Winter zum zweiten Mal die Decke wegnehmen wollen.
Amnesty International lehnt Gesetze ab, die die Diffamierung von Personen des öffentlichen Lebens oder von Einzelpersonen kriminalisieren. Nach Ansicht von Amnesty International sollte Diffamierung eine Angelegenheit für ein Zivilverfahren sein.
Amnesty International sind zahlreiche Berichte bekannt, wonach die Polizeikräfte in der Region Calais gewalttätige Handlungen gegen Flüchtlinge, MigrantInnen und MenschenrechtsaktivistInnen verüben.
Loan Torondel plant, gegen diese Entscheidung einen Rekurs einzulegen.