Eine Änderung des litauischen «Gesetzes zur Staatsgrenze und deren Schutz» würde die anhaltende Praxis der Pushbacks an der Grenze im litauischen Recht verankern: Damit würden die Abschiebung von Menschen an Orte , an denen ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen, legalisiert. Das Völkerrecht verbietet Sammelabschiebungen und die Rückführung von Personen in Länder, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Die Abstimmung, die voraussichtlich am 18. oder 20. April 2023 stattfinden wird, erfolgt nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung eines Berichts des Ausschusses zur Verhütung von Folter des Europarats. Darin kommt das führende europäische Gremium für den Schutz gegen Folter zu dem Schluss, dass Länder wie Litauen mit ihrem Vorgehen gegen Flüchtlinge und Migrant*innen an der europäischen Grenze Praktiken angewendet haben, die den Tatbestand der Folter erfüllen.
«Anstatt für die Durchführung dringend erforderlicher Massnahmen zu sorgen, um der weit verbreiteten Anwendung von Gewalt, Einschüchterung und der körperlichen Misshandlung von Menschen im Rahmen von Pushback-Operationen Einhalt zu gebieten, würde dieses Gesetz der Folter praktisch grünes Licht geben», sagt Nils Muižnieks, Direktor für die Region Europa bei Amnesty International.
«Das litauische Parlament sollte diesen ungeheuerlichen Versuch, eine rechtswidrige Praxis zu legalisieren, entschieden zurückweisen.» Nils Muižnieks, Direktor für die Region Europa bei Amnesty International
«Das litauische Parlament sollte diesen ungeheuerlichen Versuch, eine rechtswidrige Praxis zu legalisieren, entschieden zurückweisen, wenn die litauische Gesetzgebung nicht erneut vom EU-Gerichtshof oder der Europäischen Kommission sanktioniert werden soll. Litauen verstösst gegen die Menschenrechte, wenn es die Rechtsstaatlichkeit umgeht.»
Wie von Amnesty International im Juni 2022 veröffentlichte Recherchen zeigen, haben die Grenzbehörden in Litauen Flüchtlinge und Migrant*innen an ihrer Grenze Menschenrechtsverstössen ausgesetzt, darunter grausamen und unnötigen Angriffen mit Schlagstöcken oder Elektroschockgeräten. Darüber hinaus wurden viele Migrant*innen und Flüchtlinge mit Steinen beworfen, mit Gummigeschossen angegriffen und geschlagen, nachdem sie in einem geschlossenen Raum Tränengas ausgesetzt worden waren und halb bewusstlos am Boden lagen.