Das Oberste Gericht in Rumänien wird demnächst eine endgültige Entscheidung über die Auslieferung von Amina Gerikhanova an Russland treffen. Die Tschetschenin war im Jahr 2016 mit ihrem kleinen Sohn in die Ukraine geflohen, um sich vor politischer Verfolgung zu schützen. Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine flüchtete sie erneut - richtung Rumänien. Amina Gerikhanova wurde aufgrund eines russischen Auslieferungsersuchens an der rumänischen Grenze festgenommen und von ihrem jetzt achtjährigen Sohn getrennt.
Vom Sohn getrennt, seit Wochen in Haft
Amina Gerikhanova ist eine Tschetschenin, die seit 2016 in der Ukraine lebt. Sie war mit ihrem kleinen Sohn, den sie allein grosszieht, in die Ukraine geflüchtet, nachdem sie in Tschetschenien politisch verfolgt wurde. Nach dem Einmarsch der russischen Truppen floh Amina Gerikhanova zusammen mit Millionen anderer Flüchtender und überquerte am 13. März die rumänische Grenze. Dort wurde sie aufgrund eines russischen Auslieferungsersuchens an umgehend festgenommen und von ihrem acht Jahre alten Sohn getrennt. Dieser kam vorübergehend in ein Waisenhaus. Später wurde das Kind von einem Grossonkel, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, abgeholt.
Am 18. April genehmigte das Berufungsgericht von Suceava ihre Auslieferung an Russland, vorbehaltlich der noch ausstehenden endgültigen Entscheidung des Obersten Kassations- und Justizgerichtshofs. Anstatt Sicherheit und Schutz zu finden, wird Amina Gerikhanova seit über einem Monat im Gefängnis von Suceava festgehalten und ist seither von ihrem Kind getrennt.
Fingierte Beschuldigungen
Die russischen Behörden beschuldigen Amina Gerikhanova, von 2016 bis 2018 als Mitglied der bewaffneten Gruppe IS an militärischen Operationen in Syrien teilgenommen zu haben; diese Vorwürfe scheinen jedoch unbegründet zu sein. In der Zeit, in der sie sich angeblich in Syrien aufhielt, lebte sie seit mehr als fünf Jahren in der Ukraine und hatte das Land nie verlassen. Nach ihrer Ankunft in der Ukraine erhielt die ukrainische Staatsanwaltschaft ein Auslieferungsersuchen aus Russland, prüfte es und lehnte die Auslieferung von Amina Gerikhanova ab.
Am 5. April richtete die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation ein offizielles Auslieferungsersuchen an Rumänien. Am 18. April genehmigte ein rumänisches Gericht die Auslieferung von Amina Gerikhanova an Russland.
In ähnlichen Fällen sind tschetschenische Geflüchtete, die nach Russland zurückgeführt wurden, dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen. Dies unterstreicht das bestehende Risiko von Folter und anderen Misshandlungen. Seit Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine und dem Ausschluss Russlands aus dem Europarat ist Russland nicht mehr an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden, und ethnische Tschetschen*innen, die nach Russland abgeschoben werden, sind einem noch grösseren Risiko ausgesetzt.