Das russische LGBTI-Netzwerk berichtet, dass tschetschenische Behörden ungefähr 40 Menschen in einem Regierungsgebäude in der Stadt Argun festgehalten und gefoltert oder anderweitig misshandelt haben. Einigen der Gefangenen wurde der Pass entnommen, um sie an der Ausreise zu hindern.
Traumatische Erinnerungen an 2017
«Viele LGBT-Menschen in Russland sind noch immer traumatisiert wegen der homophob motivierten Verfolgung, bei welcher 2017 Dutzende von Schwulen in Tschetschenien entführt, gefoltert und manche gar getötet wurden. Es ist haarsträubend, dass dies nun offensichtlich andauert», sagt Marie Struthers, Direktorin für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International.
«Angesichts der erneuten Berichte über getötete und gefolterte LGBTI-Menschen muss die internationale Gemeinschaft umgehend Massnahmen ergreifen, um Schwule und Lesben in Tschetschenien zu schützen. Wir fordern sie ausserdem dazu auf, von Russland vollumfängliche Untersuchungen einzufordern.»
Russland verweigert Untersuchungen
Am 21. Dezember 2018 veröffentlichte die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) einen Bericht über die Verfolgung von 2017: Dieser legt offen, dass Russland sich geweigert hatte, die Vorkommnisse in Tschetschenien zu untersuchen. Bis heute hat keine Untersuchung stattgefunden und niemand wurde für die begangenen Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen.
«Die Tatsache, dass die im Jahr 2017 begangenen Verfolgungen von LGBTI für die Verantwortlichen straffrei ausging, zeigt, dass Schwule und Lesben in Tschetschenien auf keinerlei Unterstützung oder Schutz seitens der russischen Behörden zählen können. Diese Straflosigkeit hat die tschetschenischen Behörden dazu ermutigt, eine neue Welle der Verfolgung loszutreten – im Wissen, dass die russische Regierung die Verleugnungen und Verschleierungen der tschetschenischen Behörden decken wird», sagt Marie Struthers.
Erste Berichte über erneute Entführungen von Schwulen und Lesben und deren Festhalten in Argun erhielt das russische LGBTI-Netzwerk am 28. Dezember 2018. Es gelang ihm nun, diese Berichte zu verifizieren. Die Organisation geht davon aus, dass rund 40 Menschen weiterhin in Gefangenschaft sind.