Die Gründung geht auf eine Petition von 25 Nichtregierungsorganisationen zurück, die im Mai 2015 eingereicht worden war und eine unabhängige Menschenrechtsinstitution nach den Pariser Prinzipien der Uno einforderte. In weniger als zwei Jahren wurde in Liechtenstein Realität, was in der Schweiz bislang trotz 15 Jahren andauernder Diskussionen nicht möglich war.
Nur noch eine zentrale Anlaufstelle
Einer der Gründe für die rasche Umsetzung im Fürstentum ist, das diese kostenneutral erfolgen soll. Bereits bestehende staatliche Aufgaben und Einrichtungen werden teilweise in den VMR ausgelagert, andere neu gebündelt. So werden die Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann sowie die Kommission für Integrationsfragen der Menschenrechtsinstitution aufgelöst und ihre Aufgaben an die neue nationale Menschenrechtsorganisation übertragen. Auch die Kommission für Chancengleichheit wird aufgelöst.
Zudem werden die Ombudsstellen für die Gleichstellung von Frau und Mann und für Kinderrechte, die bislang bei staatlichen Stellen angesiedelt waren, künftig vom unabhängigen VMR wahrgenommen. Der Verein für Menschenrechte soll die zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für Menschen sein, die sich in ihren Grund- und Menschen¬rechten beeinträchtigt fühlen.
Der VMR wurde am 10. Dezember 2016 von Amnesty International Liechtenstein und über 25 weiteren Nichtregierungsorganisationen gegründet. Ausserdem haben 50 Einzelpersonen eine Mitgliedschaft beantragt. Mitglieder des Vereins können natürliche und juristische Personen werden, die sich beruflich oder ehrenamtlich für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in Liechtenstein einsetzen.
Breites Mandat, gute Finanzierung
Das Mandat des Menschrechtsvereins ist breit; es umfasst Beratung von Politik und Gesellschaft, Menschenrechtsbildung, Untersuchungen zu menschenrechtlichen Themen, Behandlung von Beschwerden sowie die nationale und internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet. Der VMR hat das Recht, Menschenrechtsprobleme zu untersuchen und Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen. Zudem ist er befähigt, Stellungnahmen und Empfehlungen abzugeben und zu veröffentlichen.
Der Verein für Menschenrechte erhält einen jährlichen staatlichen Beitrag von 350‘000 Franken. Zusätzlich kann der Verein mit Mitgliederbeiträgen, privaten Spenden und Erträgen aus Mandaten zusätzliche Gelder generieren.
Nur zum Teil ein Modell für die Schweiz
Mit Blick auf die zögerliche Haltung der Schweiz sind die Vorzüge der Liechtensteiner Lösung augenfällig: Ein breit gefasstes Mandat, das auch eine Ombudsstelle beinhaltet und vergleichsweise komfortabel finanziert ist. Und eine gesetzlich garantierte Unabhängigkeit.
Die Menschenrechtsinstitution in Liechtenstein entspricht den Pariser Prinzipien auf jeden Fall viel besser als das in der Schweiz zur Diskussion stehende Modell «SKMR-Plus»; derzeit Favorit der Bundesverwaltung.
Die Auflösung von drei ausserparlamentarischen Kommissionen ist allerdings keine gangbare Lösung für die Schweiz. Die fachlichen und politischen Beiträge der Frauen-, der Migrations- und der Eidg. Rassismuskommission sind zu wichtig, als dass man sie neu erfinden und aufs Spiel setzen dürfte.
Die Schweiz kann von seinem Nachbarn aber lernen, das es mit wirklichem politischen Willen möglich ist, innert nützlicher Frist eine nationale Menschenrechtsinstitution zu schaffen, die praxisorientiert, vielseitig und wirklich unabhängig ist.