Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Strassburg © Amnesty International
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Strassburg © Amnesty International

Eritrea Schweiz muss prüfen, ob Nationaldienst in Eritrea Sklaverei-Verbot verletzt

Medienmitteilung 20. Juni 2017, London/Bern Medienkontakt
Der Gerichtshof für Menschenrechte EGMR hat ein wichtiges Urteil zu Wegweisungen nach Eritrea gefällt. Gemäss dem Gericht verstösst die Wegweisung eines Eritreers allein aufgrund der schlechten Menschenrechtslage nicht gegen das Folterverbot. Die Schweiz muss in einem neuen Asylverfahren aber prüfen, ob der drohende Militärdienst in Eritrea das Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit verletzt.

Nachfolgend die Stellungnahme von Denise Graf, Asylkoordinatorin von Amnesty Schweiz.

«Die Schweiz muss in einem neuen Asylverfahren beurteilen, ob der drohende Militärdienst in Eritrea das Sklaverei-Verbot und das Verbot von Zwangsarbeit (Art. 4 EMRK) verletzt oder nicht. Aus diesem Grund darf die Schweiz die Wegweisung des Eritreers nicht vollziehen und muss diese Frage zuerst abklären», sagte Denise Graf: «Als 26-jähriger muss er damit rechnen, zwangsweise in den Militärdienst und den nachfolgenden unbegrenzten Nationaldienst eingezogen zu werden.»

Aus diesem Grund darf die Schweiz die Wegweisung des Eritreers nicht vollziehen und muss diese Frage zuerst abklären Denise Graf, Asylkoordinatorin

«Aus diesem Grund hat der EGMR beschlossen, den Gesuchsteller weiterhin gegen eine Wegweisung in seine Heimat zu schützen, indem er ihm erlaubt, in der Schweiz bleiben zu können, bis die Schweizer Behörden rechtkräftig über ein Wiedererwägungsverfahren entschieden haben».

Hintergrund

Der Beschwerdeführer machte geltend, dass ihm bei einer Rückschiebung nach Eritrea Folter und unmenschliche Behandlung drohten und er gezwungen würde, auf unbefristete Zeit Militärdienst zu leisten. Er stützte sich dabei auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung oder Strafe (Art. 3 EMRK) und das Verbot der Zwangsarbeit (Art. 4 Abs. 2 EMRK).

Der Menschenrechtsgerichtshof hält fest, dass die Menschenrechtslage in Eritrea zwar bedenklich sei, die alleinige Wegweisung des Asylsuchenden nach Eritrea diesen jedoch keinem Risiko von Misshandlung aussetze. Die generelle Menschenrechtssituation in Eritrea sei als solche kein Wegweisungshindernis. Ausschlaggebend für dieses Urteil sei die mangelnde Glaubwürdigkeit des Gesuchstellers gewesen, der sich nach Einschätzung der Schweizer Behörden in wesentlichen Punkten stark widersprochen habe.