Mit Besorgnis hat die Schweizer Sektion von Amnesty International vernommen, dass – nach Anhörungen von Schweizer Rüstungsfirmen in der ständerätlichen Sicherheitskommission – die betroffenen Departemente dem Bundesrat eine Lockerung der Kriegsmaterialverordnung vorschlagen werden. Die Rede ist insbesondere von der Aufhebung der Regel, dass keine Rüstungsgüter in Bürgerkriegsländer exportiert werden dürfen.
Amnesty International stellt fest, dass die Schweiz ihre Rüstungsexportkontrolle bereits in den letzten Jahren Schritt für Schritt gelockert hat:
- Die Regel, dass Exporte von Rüstungsgütern nicht bewilligt werden, wenn «das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist», wurde nie im Wortlaut umgesetzt; beispielsweise wurden Exporte in kriegführende Länder wie die USA erlaubt.
- Die Änderung der Kriegsmaterialverordnung im November 2014 machte es neu möglich, Kriegsmaterial in ein Land zu exportieren, das die «Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt», solange das Risiko gering ist, dass «das auszuführende Kriegsmaterial zur Begehung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird».
- Im April 2016 nahm der Bundesrat eine Neuauslegung der Kriegsmaterialverordnung vor: Das Verbot, Rüstungsgüter in Länder zu liefern, die in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, soll nur noch dann gelten, wenn im Empfängerland selbst ein interner bewaffneter Konflikt herrscht.
Somit sind die Ausschlusskriterien, die der Bundesrat im August 2009 – im Hinblick auf die Volksinitiative für ein Waffenexportverbot – eingeführt hatte, heute nur noch eingeschränkt wirksam.
Strikte Exportkontrollen, um menschliches Leid zu verhindern
Falls der Bundesrat eine weitere Lockerung der Rüstungsexportkontrolle beschliessen sollte, muss er sicherstellen, dass die Schweiz ihren Verpflichtungen nach dem Arms Trade Treaty (ATT) vollumfänglich nachkommt. Das Risiko, dass ausgeführte Waffen bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen oder Kriegsverbrechen eingesetzt werden, erhöht sich bei Exporten in Länder, die in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. Noch akuter wird es, wenn es sich dabei um Bestimmungsländer handelt, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen.
Angesichts der schweren humanitären Krise in Jemen als Folge des bewaffneten Konfliktes, haben europäische Staaten wie Deutschland und Norwegen ihre Waffentransfers an die Staaten der Allianz unter der Führung Saudi-Arabiens eingestellt. Die Schweiz muss sicherstellen, dass weiterhin keine Exporte von Rüstungsgütern bewilligt werden, die im Jemen-Krieg eingesetzt werden könnten.
Als Gaststaat des Arms Trade Treaty und der Genfer Konventionen sollte die Schweiz ihr Waffenexportregime nicht nach unten nivellieren, sondern im Gegenteil eine effektive Rüstungsexportkontrolle sicherstellen, um menschliches Leid zu lindern und humanitäre Katastrophen zu verhindern.