© Adobe Stock / Jonathan Stutz
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Coronavirus Amnesty ruft zur Sistierung der Asylverfahren in der Schweiz auf

Medienmitteilung 19. März 2020, Bern – Medienkontakt
Die Schweizer Sektion von Amnesty International ist besorgt über die Situation in den Kollektivunterkünften für Asylsuchende und ruft die Behörden dazu auf, Asylverfahren in der Schweiz per sofort und bis auf Weiteres zu sistieren. Aufgrund der Notstandssituation in Folge der Ausbreitung des Coronavirus kann ein faires Asylverfahren nicht mehr garantiert werden.

Aufgrund der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorgegebenen Verhaltensregeln und zum Schutz aller Beteiligten sind medizinische Abklärungen nur erschwert möglich, und direkte Befragungen sind mit einem Ansteckungsrisiko verbunden. Wegen krankheitsbedingter Ausfälle von Juristinnen und Juristen und Rechtberatungsstellen, die geschlossen sind oder ihren Betrieb reduzieren mussten, sind die persönliche Rechtsvertretung und die Rechtsweggarantie nicht mehr gewährleistet. Ein sachgemässes und faires Asylverfahren ist unter solchen Umständen nicht sichergestellt. Aus diesen Gründen schliesst sich Amnesty Schweiz der Forderung diverser Organisationen nach einem Moratorium für Asylverfahren in der Schweiz an. Dieses muss insbesondere Anhörungen und fristauslösende Verfügungen betreffen, nicht aber Fälle, in denen der Sachverhalt erstellt ist und ein positiver Asylentscheid gefällt werden kann. Für die Forderungen im Detail sei auf die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH verwiesen.

Amnesty Schweiz ruft die Behörden auf, sicherzustellen, dass die hygienischen Schutzmassnahmen auch in Bundesasylzentren, Durchgangszentren oder Nothilfeunterkünften ausnahmslos eingehalten werden. Für Asylsuchende ebenso wie für VertreterInnen der Behörden, der Rechtsberatung, der Rechtsvertretung und des Betreuungspersonal müssen dieselben Bestimmungen des BAG angewendet werden wie für den Rest der Bevölkerung. 

Kollektivunterkünfte dürfen kein erhöhtes Ansteckungsrisiko darstellen und das «Social Distancing» muss eingehalten werden können. Zudem muss der Zugang zu Hygienemassnahmen wie Flüssigseife und ausreichend Papiertüchern sowie der Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleistet sein.

Schutz von Verletzlichen

Die Behörden sind aufgerufen, besonders verletzliche Menschen vor einer Ansteckung mit COVID-19 zu schützen. Dazu gehören ältere Menschen und Menschen mit bereits bestehenden Erkrankungen (wie Asthma, Diabetes, Herzkrankheiten). Für Menschen, die in Armut leben, obdachlos sind oder ohne gültigen Aufenthaltsstatus in der Schweiz leben, ist es schwieriger, Zugang zu Präventivmassnahmen und medizinischer Versorgung zu erhalten. Bei der Ausarbeitung von Massnahmen zur Eindämmung und Behandlung von COVID-19 sollten deshalb mögliche Hindernisse sowie besondere Bedürfnisse dieser Personengruppen verstärkt berücksichtigt werden.