Symbolbild. Das ursprüngliche Bild wurde aus Urheberrechtsgründen ersetzt © Amnesty International (Photo: Giorgos Moutafis)
Symbolbild. Das ursprüngliche Bild wurde aus Urheberrechtsgründen ersetzt © Amnesty International (Photo: Giorgos Moutafis)

Schweiz Amnesty International zum «Frontex-Referendum»

25. Januar 2022
Amnesty International prangert seit vielen Jahren die Funktionsweise von Frontex an. Die Menschenrechtsorganisation gibt jedoch keine Abstimmungsparole für das «Frontex-Referendum» ab, mit dem die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Schweiz an die EU-Grenzschutzagentur verhindert werden soll. Stattdessen ruft Amnesty die europäischen Staaten und die Schweiz dazu auf, unverzüglich Massnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtsbilanz von Frontex einzufordern.

Amnesty International teilt die Kritik des Referendumskomitees an der Militarisierung der Frontex-Truppen, den Menschenrechtsverletzungen an der EU-Aussengrenze, dem Fehlen eines transparenten Beschwerdemechanismus und der mangelnden Rechenschaftspflicht der EU-Grenzschutzagentur. Dennoch hat Amnesty Schweiz die Unterschriftensammlung für das Referendum nicht unterstützt, da keine der durch das Referendum kritisierten Bestimmungen in direktem Zusammenhang mit dem Schutz von Migrant*innen oder der Verteidigung von Menschenrechten stehen.

Frontex verändern

Amnesty International anerkennt das Recht der europäischen Staaten und der Europäischen Union, Migrationsbewegungen zu regulieren und festzulegen, wie schutzsuchende Menschen aufgenommen werden sollen. Um die Grenzsicherheit zu gewährleisten, darf Europa eine Behörde wie Frontex aufbauen und organisieren. Amnesty spricht sich auch nicht dagegen aus, dass sich die Schweiz im Rahmen einer europäischen Migrationspolitik an der EU-Grenzschutzagentur beteiligt. Amnesty setzt sich jedoch für eine Verbesserung der Menschenrechtsbilanz von Frontex ein und fordert, dass die Schweiz eine Migrationspolitik vertritt, welche die Rechte von Migrant*innen und Geflüchteten  besser respektiert.

Seit Jahren dokumentiert Amnesty International illegale Push-Backs an den Land- und Seegrenzen der EU in Ländern wie Griechenland, Italien, Malta, Spanien, Frankreich, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Slowenien. Diese Push-Backs, an denen Frontex in gewissen Fällen beteiligt ist, gefährden Menschenleben und sind nach europäischem und internationalem Recht illegal.

Es ist zwingend notwendig, dass eine Grenzschutzbehörde, die in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten den Schutz der Aussengrenzen sicherstellt, das Völkerrecht respektiert. Die Schweiz und die EU-Staaten müssen umgehend ihre Kontrolle über die Aktivitäten von Frontex verstärken und Rechenschaft über deren Menschenrechtsbilanz verlangen.

Die Schweizer Sektion von Amnesty International arbeitet mit den anderen Ländersektionen zusammen, um die europäische Asylpolitik und die Politik von Frontex zu verbessern. Amnesty setzt sich für ein koordiniertes Vorgehen in den entsprechenden europäischen Gremien ein. Die Schweiz muss insbesondere die Kräfte innerhalb der Europäischen Kommission unterstützen, die Frontex dazu verpflichten wollen, den Schutz von Geflüchteten ins Zentrum zu stellen – anstatt Menschen auf der Flucht zusätzlich zu bedrohen.

Dringende Reformen

Amnesty fordert von Frontex insbesondere:

  • Mehr Sicherheit für schutzsuchende Menschen zu gewährleisten;
  • Sich klar gegen illegale Abschiebungen zu positionieren;
  • Eine bessere Rechenschaftspflicht (accountability):
    • Überwachung von Menschenrechtsverstössen;
    • Schaffung zufriedenstellender Mechanismen zur Entgegennahme von Beschwerden und zum Schutz der Opfer;
  • Ihre Rolle bei der Rettung im Mittelmeer zu überdenken, insbesondere in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache.
Für eine humane europäische Asylpolitik

Amnesty International setzt sich für eine Asylpolitik ein, die sichere und legale Fluchtwege für schutzsuchende Menschen eröffnet. Sie positioniert sich seit Jahren bei den europäischen Staaten und der EU für ambitionierte Resettlement-Programme, die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten, die Erteilung humanitärer Visa, erleichterte Familienzusammenführungen und die Aufrechterhaltung der Seenotrettung im Mittelmeer.