Klägerinnen und Klimaaktivist*innen warteten mit Plakaten auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in drei verschiedenen Klimafällen. 9. April 2024, Strassburg (Frankreich) © AFP via Getty Images
Klägerinnen und Klimaaktivist*innen warteten mit Plakaten auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in drei verschiedenen Klimafällen. 9. April 2024, Strassburg (Frankreich) © AFP via Getty Images

Schweiz Amnesty-Briefing analysiert wegweisendes Klima-Urteil des EGMR

Medienmitteilung 21. August 2024, Bern – Medienkontakt
Amnesty International hat heute ein Briefing veröffentlicht über das wegweisende Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu den KlimaSeniorinnen vom April 2024. Amnesty ruft den Bundesrat dazu auf, das Urteil umzusetzen und nicht den gefährlichen Weg einzuschlagen, den das Parlament gefordert hat.

Die Amnesty-Analyse mit dem Titel «Klima-Untätigkeit, ausgeschlossen!» (« Climate Inaction, ruled out! European court clarifies state obligationsto tackle the climate crisis») gibt einen Überblick über die neue Rechtsprechung des EGMR zum Klimawandel. Das Briefing konzentriert sich insbesondere auf den Fall Verein KlimaSeniorinnen Schweiz und andere gegen die Schweiz, das erste wegweisende Urteil des EGMR zu Verantwortung der Staaten in der sich rasch verschärfenden Klimakrise.

«Strategische Prozessführung ist ein wirksames Instrument, um Staaten für ihr Versagen bei der Eindämmung der Klimakrise zur Rechenschaft zu ziehen und Menschen vor den Gefahren durch den Klimawandel zu schützen», sagte Alexandra Karle, Geschäftsführerin von Amnesty Schweiz.

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass die unzureichenden Massnahmen der Schweiz zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, darunter das Fehlen eines CO2-Budgets, das Recht der Klägerinnen auf Privat- und Familienleben verletzten. Dies schliesse auch das Recht ein auf wirksamen Schutz vor den schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf das Leben, die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Menschen.

Die Schweiz habe es versäumt, sich an den hinlänglich verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten, um die Erderwärmung auf die völkerrechtlich geforderten 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und wirksame Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels zu entwickeln und umzusetzen, um die Beschwerdeführerinnen vor Schäden zu schützen.

Im Juni 2024 sprachen sich beide Kammern des Schweizer Parlaments in einer Erklärung dafür aus, das Urteil des EGMR teilweise zu missachten. Die Schweizer Regierung wird sich voraussichtlich in den kommenden Wochen zur Umsetzung äussern.  

«Der Entscheid des Schweizer Parlaments war sehr enttäuschend. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind rechtsverbindlich und eine Nichteinhaltung hat Konsequenzen. Die Schweizer Regierung hat nun die Möglichkeit, dem Urteil des Gerichtshofs nachzukommen. Den vom Parlament eingeschlagenen Weg weiterzugehen, wäre eine Katastrophe für die Rechtsstaatlichkeit in der Schweiz und in Europa», sagte Alexandra Karle.