Ousman Sonko war von 2006 bis 2016 Innenminister in Gambia.
2016 floh er aus dem Land, kurz bevor der ehemalige Präsident Jammeh die Macht abgeben musste. Er ersuchte in der Schweiz um Asyl und wurde verhaftet, nachdem Nichtregierungsorganisationen, insbesondere die NGO mit Sitz in Genf TRIAL International, Beweise für seine mutmassliche Beteiligung an Mord, Vergewaltigung und Folter vorgelegt hatten.
Am 26. Januar 2017 wurde er nach dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit in der Schweiz festgenommen und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Der erste Prozesstag fand am 8. Januar 2023 statt.
Michèle Eken, Researcherin im West- und Zentralafrika-Büro von Amnesty International, kommentiert den Prozessauftakt in Bellinzona wie folgt: «Sonko war Innenminister von Gambia zu einer Zeit, in der grausame Verbrechen wie Folter, aussergerichtliche Hinrichtungen und sexuelle Gewalt begangen wurden: Überlebende und Angehörige von Opfern, die unter Jammehs Regime brutale Verbrechen erlitten haben, kämpfen für Gerechtigkeit und Wiedergutmachung. Sonko muss sich vor Gericht verantworten.»
Die universelle Gerichtsbarkeit ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Straflosigkeit. Staaten sollten Täter*innen, die Verbrechen nach internationalem Recht begehen, strafrechtlich verfolgen oder ausliefern. Amnesty International begrüsst die Bemühungen der Schweiz, Sonko strafrechtlich zu verfolgen und ermutigt das Bundesstrafgericht, die Möglichkeiten der Opfer zu stärken, das Verfahren zu verfolgen und am Prozess teilzunehmen.
«Die gambische Regierung muss auch die Ermittlungen und die Strafverfolgung der Personen beschleunigen, die von der Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission (TRRC) als mögliche Täter"innen von Menschenrechtsverletzungen identifiziert wurden», sagt Michèle Eken. «Die Opfer und ihre Familien haben ein Recht auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Wiedergutmachung.»