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Menschenrechte global unter Beschuss: Schweiz muss Vorreiterrolle einnehmen

24. März 2025
Angesichts der massiven Angriffe auf die internationale Menschenrechtsarchitektur durch die USA und durch schon länger bestehende autokratische Regierungen, die mit dem Kurswechsel der neuen US-Regierung Aufwind erhalten, wächst auch die Verantwortung der Schweiz: Sie muss die multilateralen Instrumente und Plattformen nutzen, um die Menschenrechte zu schützen, humanitäres Leid zu lindern und die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit voranzubringen.

Der Einsatz für die Achtung der Menschenrechte ist ein Verfassungs- und Gesetzesauftrag und somit Kernbestandteil der Schweizer Aussenpolitik. Die Schweiz will sich gemäss ihrer aussenpolitischen Strategie besonders einsetzen für die Abschaffung der Todesstrafe, für die Verteidigung der Meinungsfreiheit – was die Demonstrationsfreiheit miteinschliesst – , für Frauenrechte und den Schutz von Minderheiten. Diese fundamentalen Menschenrechte werden seit Amtsbeginn von Präsident Trump in hohem Tempo untergraben. Umso sichtbarer und wirkungsvoller sollte die Schweiz heute in ihren Beziehungen mit den USA für die Menschenrechte einstehen.

In Anbetracht der massiven Kürzungen von US-Hilfsleistungen auf der ganzen Welt und namentlich in Konflikt- und Krisengebieten, sind nun all jene Staaten gefordert, die wie die Schweiz Menschlichkeit hochhalten. Aufgrund der neuen Ausgangslage sollte die Schweiz die massiven Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit – die notabene auch das internationale Genf schwächen – überdenken. Sie sollte sicherstellen, dass sie genügend Gelder zur Verfügung stellt, um ihrem Auftrag und Anspruch, die Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu schützen, in angemessener Weise nachzukommen.

Die neue US-Regierung nutzt bestehende autokratische Tendenzen, um den Abbau der Menschenrechte weltweit voranzutreiben. Mit dem Ziel eigene wirtschaftliche und geopolitische Interessen zu sichern, wird die werte- und regelbasierte Weltordnung in Trümmer gelegt. Dies erfordert eine unmittelbare und beherzte Reaktion all jener Staaten, denen eine «gerechte und friedliche internationale Ordnung» am Herzen liegt.

Amnesty International erwartet von der Schweiz, dass sie:

  • Eine Vorreiterrolle einnimmt bei der Sicherung einer internationalen Ordnung, die nicht auf dem Recht des Stärkeren, sondern auf dem Schutz der Menschenrechte und des Völkerrechts basiert. Dazu sollte sie das volle Potenzial ihres Vorsitzes im Uno-Menschenrechtsrat und im internationalen Migrationsforum sowie der anstehenden Präsidentschaft der OSZE im nächsten Jahr nutzen;
  • Sich explizit und sichtbar für die Förderung der Menschenrechte einsetzt, anstatt diese in einer vermeintlichen Interessensabwägung zu Lasten der Sicherung ihrer Handelsbeziehungen zu depriorisieren. Der Bundesrat sollte den Schutz der Menschenrechte als wichtiges Kriterium bei allen Entscheiden und Handlungen hochhalten;
  • Die bilateralen und multilateralen Kanäle nutzt, um sich in den USA für die Abschaffung der Todesstrafe, die Verteidigung der Meinungsfreiheit und der Geschlechtergerechtigkeit sowie für den Schutz von Minderheiten einzusetzen, namentlich von Menschen, die um Asyl ersuchen, Angehörigen der LGBT* Gemeinschaft und BIPoC-Menschen;
  • Bei aussenpolitischen Entscheiden stets die betroffene Zivilgesellschaft konsultiert und ins Zentrum ihrer Bemühungen stellt – sei es in den USA selbst, aber auch in der Ukraine, in Gaza und in anderen Konflikt- und Krisengebieten, in welchen die Schweiz sich für Frieden, Sicherheit und die Achtung des Völkerrechts einsetzt;
  • Sich explizit und aktiv für die Verteidigung und Stärkung multilateraler Gremien einsetzt, insbesondere des Uno-Menschenrechtsrats, internationaler Gerichte wie dem Internationalen Strafgerichtshof oder der Weltgesundheitsorganisation WHO;
  • Die kürzlich beschlossenen Budgetkürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit überdenkt und genügend Mittel zur Verfügung stellt, um ihrem diesbezüglichen Verfassungsauftrag in angemessener Weise gerecht zu werden und das «internationale Genf» zu schützen.

Amnesty International Schweiz hat diese Erwartungen gegenüber den Schweizer Behörden zum Ausdruck gebracht.