Belgische Polizisten in Schutzanzügen marschieren am 2. April 2016 in Richtung des Quartiers Molenbeek in Brüssel, Belgien. REUTERS/Yves Herman
Belgische Polizisten in Schutzanzügen marschieren am 2. April 2016 in Richtung des Quartiers Molenbeek in Brüssel, Belgien. REUTERS/Yves Herman

Stellungnahme zum neuen Antiterror-Strafgesetz Schwammige Definitionen mit weitreichenden Folgen

20. Februar 2018
Amnesty International nimmt Stellung zur Revision des Schweizer Antiterror-Strafrechts, in dem erstmals eine Definition von «Terrorismus» eingeführt wird.

Amnesty International Schweiz hat im Oktober 2017 eine Stellungnahme (französisch) abgegeben in der Vernehmlassung des Bundes zum Beitritt zum Übereinkommen des Europarats über die Verhütung des Terrorismus und die Stärkung der strafrechtlichen Normen gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität. Amnesty stellt fest, dass Staaten und internationale Gremien ihre eigenen Definitionen des Begriffs «Terrorismus» entwickelt haben, da es im Völkerrecht keine allgemein gültige Auslegung gibt. Diese Definitionen wurden im Laufe der Zeit immer undeutlicher und sind oft zu breit gefasst.

Der Mangel an Klarheit, der in vielen Antiterror-Gesetzen zu finden ist, hat Unsicherheit darüber geschaffen, was genau einen Terrorakt darstellt. Dies kann schwerwiegende Konsequenzen haben – angefangen bei der Erstellung von Täterprofilen von Mitgliedern bestimmter Gruppen, denen Neigung zu «Radikalisierung», «Extremismus» oder «Kriminalität» zugewiesen wird, bis hin zur absolut missbräuchlichen Anwendung von Gesetzen, die Terrorismus aufgrund von Stereotypen definieren.

In gewissen Fällen können verdächtige Personen, die in keiner Weise mit Straftaten in Verbindung gebracht werden, einer Reihe von Massnahmen ausgesetzt werden, die ihre Rechte massiv einschränken: ungerechtfertigte Überwachung ihrer elektronischen Kommunikation, Kontrolle ihres Aufenthalts, Überwachung von Treffen bestimmter Personen, gewalttätige Hausdurchsuchungen, Kontrollen oder die völlige Schliessung von Kultstätten. Zu weit gefasste Definitionen von Terrorismus haben sehr reale Konsequenzen auf die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern.

Nach dem im Völkerrecht verankerten «Prinzip der Legalität» muss das Strafrecht hinreichend präzise sein, um sicherzustellen, dass jeder genau weiss, was eine Straftat ist und welche Folgen ihre Begehung hat.

Die Bevölkerung mit «Angst» zu erfüllen, sie einzuschüchtern oder zu bedrohen – dies sind meist die Schlüsselelemente von Terrorismus-Definitionen. Die Gefahr besteht, dass auch Handlungen des zivilen Ungehorsams als eine «Bedrohung» der etablierten Ordnung angesehen werden können und friedliche Aktivistinnen und Aktivisten als «Terroristen» kriminalisiert werden. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben wiederholt Staaten kritisiert, die Gesetze verabschiedet haben, die den Terrorismus ungenau und zu umfassend definieren.

Amnesty Internationalspricht sich nicht grundsätzlich gegen die Aufnahme einer spezifischen Bestimmung über «terroristische» Handlungen in das Strafgesetzbuch aus. Amnesty fordert jedoch, dass diese Bestimmung äusserst präzise formuliert wird, so dass es nicht zu missbräuchlichen Auslegungen kommen kann. Terrorismus wird heute von verschiedenen Staaten zu ungenau und zu umfassend definiert.