Erwartungsgemäss hat das Schweizer Volk am heutigen Abstimmungssonntag den neuen Observationsartikel im Sozialversicherungsrecht mit deutlicher Mehrheit abgesegnet. Sozialversicherer dürfen damit mutmassliche Versicherungsbetrüger im eigenen Ermessen observieren lassen; der Gesetzestext lässt dabei viele Fragen nach den rechtlichen Schranken und dem Grundrechtsschutz offen.
Amnesty hatte sich für ein Nein zur Vorlage eingesetzt und das Referendum unterstützt - dies nicht etwa, weil die Menschenrechtsorganisation die Ahndung von Sozialversicherungsbetrug ablehnen würde, sondern aus Sorge um das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre. Die Referendumskampagne hat eine intensive und wichtige Diskussion um diese Fragen ausgelöst. Dabei haben sich auch bürgerliche PolitikerInnen und diverse Leitmedien kritisch zum nun angenommenen Gesetzestext geäussert. Insbesondere haben aber die Befürworter der Vorlage wiederholt das Versprechen abgegeben, dass die Sozialversicherer von den neuen Observationsmöglichkeiten mit grosser Zurückhaltung Gebrauch machen würden. Der Bundesrat und die zuständigen Bundesämter hielten fest, dass die bisherigen bundesgerichtliche Rechtsprechung auch für das neue Gesetz gelten würde und damit Observationen in Privaträumen ausgeschlossen blieben.
Amnesty wird, wie auch das Referendumskomitee und andere unterstützende Organisationen, ein Auge auf die Einhaltung dieser Versprechen haben - nicht nur morgen, sondern auch übermorgen und auf lange Sicht: Der Schutz des Rechts auf Privatsphäre ist ein zentrales Grundrecht und betrifft uns alle.