Ahmet Nesin, Sebnem Korur Fincancı und Erol Önderoglu am Tag ihrer Verhaftung © RSF
Ahmet Nesin, Sebnem Korur Fincancı und Erol Önderoglu am Tag ihrer Verhaftung © RSF

Türkei Journalist Erol Önderoglu verhaftet

Medienmitteilung 21. Juni 2016, Bern – Medienkontakt
Aufgrund einer Anklage wegen «Verbreitung terroristischer Propaganda» ist am 20. Juni 2016 der Journalist und Türkei-Vertreter von «Reporter ohne Grenzen», Erol Önderoglu, verhaftet worden. Auch Sebnem Korur Fincancı, die Präsidentin der türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV, und der Schriftsteller und Aktivist Ahmet Nesin wurden in Haft gesetzt. Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung der drei Intellektuellen.

Die Verhaftungen stehen in Zusammenhang mit einer Solidaritätskampagne für die bedrängte kurdische Zeitung «Özgür Gündem». Önderoglu, Fincancı und Nesin stellten sich für einen Tag als Gasteditoren für «Özgür Gündem» zur Verfügung und wollten so ein Zeichen gegen die Verfolgung kurdischer JournalistInnen setzen. Die türkischen Behörden erhoben bisher gegen 37 der insgesamt 44 Gasteditoren Anklage wegen der «Verbreitung von Propaganda für eine terroristische Organisation» (gemeint ist die kurdische Arbeiterpartei PKK). Önderoğlu, Fincancı und Nesin sind die ersten, die bis zum Beginn des Prozesses in so genannte Präventivhaft gesetzt wurden. Diese Haft hat ein Gericht in Istanbul auf Antrag der Staatsanwaltschaft angeordnet. 

Missbrauch des «Anti-Terror-Gesetzes»

Amnesty International erachtet die Anklage und Haftanordnung als rein politisch motiviert. Die Verhaftung der drei AktivistInnen ist ein weiterer, erschreckender Fall der willkürlichen  Anwendung eines viel zu weit gefassten «Anti-Terror-Gesetzes» in der Türkei, aufgrund dessen in den letzten Jahren und Monaten zahllose Verfahren gegen kritische Stimmen angestrengt worden sind. Dies gilt insbesondere für jede von der offiziellen Darstellung abweichende Berichterstattung und Meinungsäusserung zu den Militäroperationen im Südosten der Türkei. Die Justizorgane werden dabei mehr und mehr zu einem Repressionsinstrument der Regierung.

Schlag gegen langjährige Menschenrechtsverteidiger

Amnesty International glaubt, dass Önderoglu und Fincancı aufgrund ihres langjährigen und prominenten Engagements für die Menschenrechte ins Visier der Behörden gerieten. Fincancı hatte als Präsidentin der türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV unlängst Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Militär- und Polizeioperationen im kurdischen Südosten der Türkei angeprangert. Önderoglu berichtete als Vertreter von «Reporter ohne Grenzen» in der Türkei und Mitarbeiter des unabhängigen Nachrichtenportals «Bianet» seit Jahren über Repressalien gegen JournalistInnen. Auf Einladung der Schweizer Sektion von Amnesty International trat er erst kürzlich in der Schweiz an drei öffentlichen Veranstaltungen auf.

Petition von «Reporter ohne Grenzen»

Amnesty fordert die Freilassung von Erol Önderoglu, Sebnem Korur Fincancı und Ahmet Nesin und unterstützt die Petition #FreeErol von «Reporter ohne Grenzen».