«Es ist wahrhaftig ein schwarzer Tag für Ägypten, wenn die Regierung mehr darüber besorgt ist, eine Frau zum Schweigen zu bringen, welche über sexuelle Belästigung spricht, als darüber, sich dieses Themas anzunehmen», so Najia Bounaim, Kampagnenleiterin für Nordafrika bei Amnesty International. Mit einer weltweiten Brief-, Fax- und E-Mail-Aktionen fordert Amnesty International von der ägyptischen Regierung die sofortige und bedingungslose Freilassung von Amal Fathy.
Verhaftung und Diffamierung in Regierungsmedien
Am 9. Mai lud Amal Fathy ein Video auf ihre Facebook-Seite, in welchem sie die von ihr erlebte sexualisierte Belästigung thematisierte, die Dringlichkeit dieses Problems in Ägypten betonte und die Regierung kritisierte, weil sie die Frauen in Ägypten nicht davor schützt. Zudem kritisierte sie das scharfe Vorgehen der Regierung gegen die Menschenrechte, die sozioökonomischen Bedingungen und die Missstände im öffentlichen Dienstleistungssektor. Internet-Trolle kopierten das Video und Fotos von Amal Fathy von ihren Konten auf den Sozialen Medien und verbreiteten sie auf Facebook und Twitter weiter, in welchen sie sie sexistisch beschimpften und ihre Festnahme forderten. Mehrere regierungsfreundliche und staatliche Medien veröffentlichten Artikel über das Video und behaupteten fälschlicherweise, dass Amal Fathy eine Aktivistin der Jugendbewegung 6. April sei und bei der Ägyptischen Kommission für Rechte und Freiheiten (ECRF) arbeite.
Am 11. Mai durchsuchte die Polizei gegen 2:30 Uhr nachts die Wohnung von Amal Fathy und inhaftierte sie in der Polizeiwache Maadi in Kairo, zusammen mit ihrem Ehemann Mohamed Lotfy. Dieser war früher ein Mitarbeiter von Amnesty International und ist gegenwärtig Direktor der Menschenrechtsorganisation ECRF. Amal Fathy und Mohamed Lotfy haben gemeinsam ein dreijähriges Kind. Mohamed Lotfy, der auch Schweizer Bürger ist, wurde zusammen mit dem Kind nach drei Stunden wieder freigelassen.
30 Tage Untersuchungshaft
Die Staatsanwaltschaft ordnete 30 Tage Untersuchungshaft an, 15 Tage für die Untersuchung des Vorwurfs über die «Veröffentlichung eines Videos, das Falschinformationen enthält, die den öffentlichen Frieden beeinträchtigen könnten», und weitere 15 Tage wegen ihrer angeblichen Verbindung zur Jugendbewegung 6. April.
Seit November 2017 nehmen die ägyptischen Behörden zunehmend AktivistInnen, JournalistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen wegen ihrer Beiträge auf sozialen Medien fest. In wenigstens fünf Fällen haben die ägyptischen Behörden diese Personen unter dem Vorwurf «falsche Informationen verbreitet» zu haben, «Missbrauch von sozialen Telekommunikationswerkzeugen» und «Mitgliedschaft in einer verbotenen Vereinigung» in Untersuchungshaft genommen. Diese Anklagen werden normalerweise nur nach Ermittlungen der Staatssicherheitsbehörden und gestützt auf Facebook- oder Twitter-Posts erhoben.