Am 23. Januar 2024 wurde im Morgengrauen Mohammad Ghobadlou hingerichtet. Der 23-jährigen Demonstrant lebte mit einer geistigen Behinderung, der Prozess und das Urteil waren geheim gehalten worden. Am selben Tag richteten die iranischen Behörden auch Farhad Salimi hin, einen Angehörigen der kurdisch-sunnitischen Minderheit im Iran, dessen jahrzehntelange Forderungen nach einem fairen Wiederaufnahmeverfahren ignoriert wurde. Er war unter Folter zu einem «Geständnis» gezwungen worden.
Todesstrafe gegen kurdische Minderheiten
«Die willkürliche Hinrichtung von Farhad Salimi offenbart ein beunruhigendes Muster der überproportionalen Anwendung der Todesstrafe gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten im Iran» sagte Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika.
Farhad Salimi ist der vierte Mann seit November 2023, der aus einer Gruppe von sieben kurdischen sunnitischen Männern hingerichtet wurde. Sie waren vor über einem Jahrzehnt in einem unfairen Prozess der Mitgliedschaft in «salafistischen Gruppen» beschuldigt und zum Tode verurteilt worden – in einem Prozess, der nur wenige Minuten gedauert hatte und sich auf erzwungene «Geständnisse» stützte. In offenen Briefen aus dem Gefängnis hatten die Männer erklärt, sie seien Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt gewesen, um zu gestehen. Es wird nun befürchtet, dass die iranischen Behörden beabsichtigen, die drei verbliebenen Männer der Gruppe – Anwar Khezri, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat – ebenfalls bald hinzurichten.
Hinrichtung eines Menschen mit psychischer Erkrankung
Mohammad Ghobadlou wurde hingerichtet, obwohl laut Völkerrecht und internationalen Standards die Todesstrafe nicht auf Menschen mit psychischen Erkrankungen angewendet werden darf. Auch bei ihm wurde Folter zur Erzwingung von Geständnissen eingesetzt, die in den Prozessen gegen ihn verwendet wurden. Ausserdem wurden ihm die Medikamente gegen seine psychische Erkrankung vorenthalten, um ihn dazu zu bringen, zuzugeben, vorsätzlich mehrere Sicherheitskräfte überfahren zu haben.
Im Januar 2023 war die Hinrichtung von Mohammad Ghobadlou vorerst ausgesetzt worden, der Prozess sollte neu verhandelt werden. Nun wurde er am 23. Januar dennoch hingerichtet. Sein Anwalt wurde weniger als zwölf Stunden im Voraus darüber informiert.
Internationale Reaktion notwendig
«Diese jüngsten Hinrichtungen und der Amoklauf der iranischen Behörden seit den Aufständen im vergangenen Jahr, der zur willkürlichen Hinrichtung Hunderter Menschen geführt hat, unterstreicht die Notwendigkeit einer Erneuerung des Mandats des Uno-Sonderberichterstatters zur Lage der Menschenrechte im Iran», sagte Diana Eltahawy. «Auch die Uno-Erkundungsmission muss in der kommenden Sitzung des Menschenrechtsrats verlängert werden. Es ist auch an der Zeit, dass die Staaten strafrechtliche Ermittlungen nach dem Prinzip der Weltgerichtsbarkeit gegen alle Personen einleiten, die der strafrechtlichen Verantwortung für Verbrechen nach dem Völkerrecht verdächtigt werden, einschliesslich hochrangiger iranischer Beamter.»