Seit Beginn der israelischen Angriffe auf den Iran am 13. Juni 2025 haben die iranischen Behörden Dutzende Menschen wegen angeblicher «Kollaboration» mit Israel festgenommen, erschreckende Forderungen nach beschleunigten Verfahren und Hinrichtungen geäussert und am 16. Juni einen Mann hingerichtet.
Es bestehen auch ernsthafte Bedenken hinsichtlich derjenigen, die sich bereits in der Todeszelle befinden – darunter mindestens acht Männer, die nach unfairen Verfahren zum Tode verurteilt wurden.
«Offizielle Forderungen nach beschleunigten Verfahren und Hinrichtungen von Personen, die wegen angeblicher Zusammenarbeit mit Israel festgenommen wurden, zeigen, wie die iranischen Behörden die Todesstrafe als Waffe einsetzen, um Angst zu verbreiten und so die Bevölkerung zu kontrollieren. Die Behörden müssen sicherstellen, dass alle Inhaftierten vor Verschwindenlassen, Folter und anderer Misshandlung geschützt werden und jederzeit faire Verfahren erhalten – auch während bewaffneter Konflikte», sagte Hussein Baoumi, stellvertretender Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
«Die Todesstrafe ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste Strafe und darf unter keinen Umständen angewendet werden.» Hussein Baoumi, stellvertretender Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International
«Die Todesstrafe ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste Strafe und darf unter keinen Umständen angewendet werden. Ihr Einsatz bei Spionage oder ähnlichen Delikten, die keine vorsätzliche Tötung beinhalten, ist nach internationalem Recht ausdrücklich verboten. Eine überstürzte Hinrichtung nach unter Folter erzwungenen ‚Geständnissen‘ und grob unfairen Verfahren wäre ein erschreckender Machtmissbrauch und ein offener Angriff auf das Recht auf Leben.»
Beunruhigende Forderungen nach beschleunigten Verfahren und Hinrichtungen
Die Angst vor willkürlichen Hinrichtungen hat sich nach offiziellen Verlautbarungen verstärkt, in denen Dutzende Festnahmen wegen angeblicher «Spionage» oder «Zusammenarbeit» mit Israel sowie Anordnungen zu beschleunigten Verfahren und Hinrichtungen angekündigt wurden.
Am 15. Juni wies der Leiter der iranischen Justiz, Gholamhossein Mohseni Eje’i, die Staatsanwaltschaft an, Personen, die «die Sicherheit der Bevölkerung stören» oder mit Israel «kooperieren», schnell und hart zu bestrafen.
Am selben Tag kündigte der Oberste Nationale Sicherheitsrat an, dass Handlungen «zugunsten Israels» mit der Todesstrafe wegen «Feindschaft gegen Gott» (moharebeh) oder «Korruption auf Erden» (efsad fel-arz) geahndet würden.
Am 17. Juni verabschiedete das iranische Parlament zudem ein Gesetz, das die Todesstrafe für «Spionage» oder «Zusammenarbeit mit feindlichen Staaten» wie Israel und den USA erleichtert.
Erhöhtes Risiko für bereits zum Tode Verurteilte
Nach der Hinrichtung von Esmail Fekri am 16. Juni im Gefängnis Ghezel Hesar befürchtet Amnesty International, dass weitere Hinrichtungen folgen könnten – darunter:
- Ahmadreza Djalali, schwedisch-iranischer Wissenschaftler im Evin-Gefängnis
- Afshin Ghorbani Meyshani, Azad Shojaei, Edris Aali, Rasoul Ahmad Rasoul (irakischer Staatsbürger)
- Mohammad Amin Mahdavi Shayesteh, Rouzbeh Vadi, Shahin Basami
Mindestens fünf dieser Männer sind akut von der Vollstreckung bedroht, da ihre Todesurteile vom Obersten Gericht bestätigt wurden.
Angriff auf das Evin-Gefängnis
Am 23. Juni 2025 bestätigte das israelische Verteidigungsministerium einen gezielten israelischen Luftangriff auf das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran, in dem zahlreiche politische Gefangene inhaftiert sind. Der Angriff traf das Eingangstor des stark gesicherten Komplexes. Das Gefängnis ist international für seine brutalen Haftbedingungen und systematischen Misshandlungen bekannt.
Amnesty International ist äusserst beunruhigt über Videoaufnahmen und Berichte über israelische Angriffe auf das Evin-Gefängnis, in dem Hunderte von Gefangenen, darunter politische Dissident*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen, inhaftiert sind.
Vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten und kommen Kriegsverbrechen gleich.
Vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten und kommen Kriegsverbrechen gleich. Die iranischen Behörden müssen alle willkürlich Inhaftierten freilassen und sollten alle Gefangenen von Orten wegbringen, die ins Visier israelischer Angriffe kommen können. Die Sicherheitskräfte in den Gefängnissen dürfen keine Gewalt oder Schusswaffen gegen verzweifelte Gefangene einsetzen.
Konflikt mit Hunderten von Toten
Seit Beginn der Eskalation am 13. Juni 2025 wurden laut Angaben von iranischen Menschenrechtsaktivist*innen rund 950 Menschen getötet und über 3000 verletzt. In Israel gab es bisher 24 Tote und 1361 Verletzte, fast 30’000 Gebäude wurden beschädigt.