Die 400 Hilfsverteilungsstellen, die während der Waffenruhe in Betrieb waren, wurden durch nur vier vom Militär kontrollierte Standorte ersetzt, die von der sogenannten Gaza Humanitarian Foundation betrieben werden. Zwei Millionen Menschen sind somit gezwungen, sich in militarisierte Gebiete zu begeben, wo sie täglich Gefahr laufen, getötet oder verletzt zu werden, wenn sie versuchen, Zugang zu Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern zu erhalten.
Die palästinensische Bevölkerung in Gaza steht vor einer unmöglichen Wahl: verhungern oder riskieren, erschossen zu werden. Seit Beginn des israelischen Verteil-Programms wurden in weniger als vier Wochen mehr als 500 Menschen getötet und fast 4000 verletzt, nur weil sie versucht haben, Zugang zu Lebensmitteln zu erhalten.
Das humanitäre System wird durch die israelische Blockade zerschlagen, die jede koordinierte und wirksame Hilfe verhindert. Lebenswichtige Dienste sind lahmgelegt: Mehr als 100 Tage nach Verhängung einer fast vollständigen Blockade ist die humanitäre Lage im Gazastreifen katastrophaler denn je.
Die Zivilbevölkerung muss stundenlang durch gefährliche Gebiete gehen, um militarisierte Verteilungsstellen zu erreichen, die oft eingezäunt sind und nur einen einzigen Zugang haben. Diese Orte sind zum Schauplatz wiederholter Massaker geworden. Unter den Opfern sind Kinder, Waisen und Helfer*innen. Da das Gesundheitssystem zusammengebrochen ist, werden Verletzte oft nicht versorgt.
Angesichts der extremen Hungersnot sind die Familien zu schwach, um um Rationen zu kämpfen. Selbst wenn sie diese erhalten, haben sie weder Trinkwasser noch Brennstoff zum Kochen. Der Treibstoffmangel legt die letzten Bäckereien, Krankenhäuser und Wasserversorgung lahm. Die Familien leben unter Planen, ohne Strom und sanitäre Einrichtungen.
Das ist keine humanitäre Lösung
Mehr als zwei Millionen Menschen auf immer kleinerem Raum zusammenzupferchen rettet keine Leben. Seit 20 Monaten leiden sie unter Bombardierungen, Vertreibungen, Entbehrungen und Entmenschlichung. Der derzeitige Ansatz verstösst gegen grundlegende humanitäre Normen, wie die Organisation Sphere betont hat.
Die internationale Staatengemeinschaft muss sich dagegen wehren, die vom israelischen Militär organisierten Verteilstellen als einzige Alternative zu einem völligen Ausbleiben von Hilfe akzeptieren zu müssen. Sie müssen ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht einhalten und dafür sorgen, dass die Verantwortlichen für Verstösse zur Rechenschaft gezogen werden.
Die unterzeichnenden NGOs fordern alle Drittstaaten auf:
- die Belagerung zu beenden und einen sicheren Zugang zu humanitärer Hilfe zu gewährleisten;
- die Finanzierung von militarisierten Programmen, die gegen das Völkerrecht verstossen, zu verweigern;
- einen von den Vereinten Nationen geleiteten Koordinierungsmechanismus zu unterstützen, der auch die UNRWA und die palästinensische Zivilgesellschaft einbezieht.
Sie bekräftigen ihre Forderung nach einer sofortigen und dauerhaften Waffenruhe, der Freilassung aller Geiseln und willkürlich Inhaftierten und fordern den uneingeschränktem humanitärem Zugang und ein Ende der Straflosigkeit.