Die internationale Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, sagt: «Heute ist ein dunkler Tag für die Menschheit. Israel setzte seine verheerende Bombenangriffe im Gazastreifen erbarmungslos fort und tötete mindestens 414 Menschen im Schlaf, darunter mindestens 100 Kinder, und löschte erneut ganze Familien innerhalb weniger Stunden aus. Die Palästinenser*innen im Gazastreifen, die kaum eine Chance hatten, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, und die immer noch mit dem Trauma der vergangenen israelischen Angriffe zu kämpfen haben, sind einmal mehr in einem höllischen Alptraum intensiver Bombardierungen erwacht.»
«Israels Völkermord und seine rechtswidrigen Luftangriffe haben bereits beispielloses menschliches Leid in Gaza verursacht. Heute sind wir wieder ganz am Anfang. Seit dem 2. März belagert Israel den Gazastreifens erneut komplett, blockiert die Lieferung von humanitärer Hilfe, Medikamenten und kommerziellen Gütern, einschliesslich Treibstoff und Lebensmittel – in eklatanter Verletzung des Völkerrechts. Israel hat auch die Stromversorgung der wichtigsten Entsalzungsanlage im Gazastreifen unterbrochen. Und heute hat das israelische Militär wieder damit begonnen, massenhaft ‚Evakuierungs‘-Anordnungen zu erteilen und Palästinenser*innen zu vertreiben.»
Researcher*innen von Amnesty International haben mit medizinischem Personal gesprochen, das in drei Krankenhäusern in Gaza-Stadt und im nördlichen Gaza-Gouvernement arbeitet. Sie schilderten Szenen unsäglichen Grauens, das in den frühen Morgenstunden begann. Al-Shifa, der einst grösste medizinische Komplex im Gazastreifen, der durch frühere israelische Militärangriffe weitgehend zerstört wurde, verfügt nur noch über drei Betten zur Aufnahme der Verwundeten.
Das Al-Ahli-Arabi-Krankenhaus in Gaza-Stadt – das einzige Krankenhaus mit einer funktionierenden Intensivstation – war gezwungen, einige der 80 Verwundeten, die dorthin gebracht wurden, in den Gängen und im Hof des Krankenhauses zu behandeln. Das indonesische Krankenhaus ist das einzige Krankenhaus im nördlichen Gaza-Gouvernement, das trotz erheblicher Beschädigung noch auf niedrigstem Niveau funktioniert.
Zur nahezu vollständige Zerstörung der Gesundheitsinfrastruktur im Gazastreifen, insbesondere im Norden, kommt ein extremer Mangel an medizinischer Ausrüstung hinzu, der durch Israels rechtswidrige Belagerung verschärft wird. Für viele Menschen mit schweren Verletzungen und Krankheiten bedeutet dies heute praktisch ein Todesurteil. Doch es geraten auch Menschen in Lebensgefahr, die unter Erkrankungen leiden, die unter normalen Bedingungen leicht geheilt werden könnten. Gleichzeitig schränken die israelischen Behörden die medizinischen Evakuierungen aus dem Gazastreifen weiterhin stark ein.
Die Wiederaufnahme der israelischen Angriffe gefährdet auch das Leben der 24 verbliebenen israelischen Geiseln, die noch am Leben sind. Die neuerliche Gewalteskalation ist auch ein schwerer Schlag für palästinensische Gefangene sowie für deren Familien. Wir erinnern alle Konfliktparteien daran, dass zivile Geiseln und willkürlich inhaftierte Palästinenser*innen freigelassen werden müssen.
«Die Welt kann nicht tatenlos zusehen, wie Israel den Palästinenser*innen in Gaza weiterhin Tod und Leid zufügt. Wir fordern alle Staaten auf, ihren Verpflichtungen zur Verhinderung und Bestrafung von Völkermord nachzukommen und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts einzufordern. Sie müssen die israelische Regierung drängen, ihre Angriffe einzustellen und die bedingungslose und ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe zu ermöglichen.»
«Die Staatengemeinschaft muss die sofortige Wiederaufnahme eines dauerhaften Waffenstillstands, die Beendigung von Israels Völkermord an den Palästinenser*innen in Gaza und die Abschaffung des Apartheid-Systems und der unrechtmässigen Besetzung palästinensischer Gebiete fordern», sagte Agnès Callamard.