Der Krieg in Jemen wird von der Uno als grösste humanitäre Krise der Gegenwart bezeichnet: Millionen Menschen wurden im eigenen Land vertrieben und leben unter desaströsen Umständen. 85'000 Kleinkinder sind an Mangelernährung gestorben, rund die Hälfte der 14 Millionen Jemenitinnen und Jemeniten ist von humanitärer Hilfe abhängig. Als Folge der desaströsen hygienischen und medizinischen Bedingungen verbreiten sich Seuchen und Krankheiten wie die Cholera. Die Luft- und Seeblockade und die Beschlagnahmung von Hilfsgütern durch bewaffneten Gruppen machen die Versorgung der Bevölkerung vielerorts unmöglich.
Vor bald vier Jahren, im März 2015, kündigte eine von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) angeführte Militärkoalition den Beginn einer militärischen Offensive im Jemen an. Das Ziel: die so genannten Huthi-Rebellen («Ansar Islam-Helfer Gottes») von der Macht in Sanaa zu verdrängen und so den international anerkannten Präsidenten Hadi zu stützen. Seitdem hat diese Koalition zahllose Luftangriffe durchgeführt und die Truppen Hadis sowie diverse Milizen unterstützt. Die Bomben treffen ohne jegliche Vorwarnung auch zivile Einrichtungen wie Schulen, Spitäler und Wohnhäuser.
In Schweden finden unter Vermittlung der Vereinten Nationen seit Ende 2018 Friedensgespräche statt. Nach ersten vertrauensbildenden Massnahmen wie einem Gefangenenaustausch und einem Waffenstillstand im Kampf um die Hafenstadt Hodeidah haben sie jedoch noch zu keinen nachhaltigen Ergebnissen geführt.
Amnesty dokumentiert Kriegsverbrechen aller Konfliktparteien
Amnesty International hat durch die Entsendung von Recherche-Teams in den Jemen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen aller Konfliktparteien dokumentiert. Darunter fallen namentlich
- Angriffe auf Zivilbevölkerung sowohl durch Luft- und Raketenangriffe insbesondere durch die Koalition von Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten als auch durch Nutzung ziviler Infrastrukturen wie Spitäler als militärische Stellungen durch die Huthi.
- die verbotene Kollektivstrafe gegen die gesamte Bevölkerung durch die anhaltende Luft- und Seeblockade.
- Folter und Verschwindenlassen von KritikerInnen und MenschenrechtsaktivistInnen in Gefängnissen, sowohl durch die Huthi als auch durch die Koalition, insbesondere durch Milizen, die von den VAE unterstützt werden.
Obwohl die Kriegsverbrechen dokumentiert sind und von einer durch den Uno-Menschenrechtsrat mandatierten Untersuchungskommission bestätigt wurden, liefern weiterhin zahlreiche Länder wie die USA, Grossbritannien, Spanien oder Kanada Waffen an die Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudi-Arabien. Dadurch verletzen sie das internationale Waffenhandelsabkommen (ATT). Andere Länder wie beispielsweise Deutschland oder die Schweiz haben erst kürzlich sämtliche Waffenlieferungen an Saudi-Arabien suspendiert, liefern jedoch weiterhin Rüstungsgüter an die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Amnesty dokumentiert in diesem Zusammenhang, dass die VAE Waffen systematisch an von ihnen unterstützte Milizen im Jemen weitergibt.
Amnesty fordert Stopp von Waffenlieferungen
Amnesty International fordert seit Jahren mit Nachdruck den Stopp sämtlicher Waffenexporte, solange die Konfliktparteien das humanitäre Völkerrecht zum Schutz der Zivilbevölkerung nicht einhalten.
Von den Konfliktparteien fordert Amnesty den Stopp jeglicher Angriffe auf die Zivilbevölkerung, das Ende der Luft- und Seeblockade und der Einschränkung von Hilfslieferungen an die Zivilbevölkerung sowie die Freilassung aller Gewissensgefangenen.
Amnesty-Aktion: Hier nur ein Test, im Jemen nicht
Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, erinnerte Amnesty International gemeinsam mit Radio 24 während des alljährlichen Sirenentests in der Schweiz an den vergessenen Krieg im Jemen unter der Überschrift «Hier nur ein Test, im Jemen nicht». Zeitgleich zum Sirenentest um 13 Uhr 30 hörte man auf Radio 24 Kriegsgeräusche aus dem Jemen, denn dort treffen die Bomben ohne jede Vorwarnung Schulen, Spitäler und Häuser. An Ständen am Zürcher Hauptbahnhof und am Bellevue informierte Amnesty über die Situation im Jemen und das Leid der Bevölkerung und übertrug den Radiospot über Lautsprecher. Unterstützt wurde diese Aktion von der Agentur Jung von Matt Limmat.