Während die FIFA mit der Weltmeisterschaft bald riesige Profite erzielt, nimmt das Leiden der Arbeitsmigrant*innen, die das Turnier erst möglich machen, kein Ende. Die kürzlich in Katar eingeführten Reformen sind noch nicht richtig umgesetzt, so dass viele Unternehmen ihre Arbeitnehmenden nach wie vor weder angemessen bezahlen noch fair behandeln. Arbeitgeber*innen üben immer noch eine unzulässige Kontrolle über das Leben der Arbeitnehmenden aus, halten die Maximalarbeitszeiten nicht ein und hindern die Arbeitnehmenden an einem Stellenwechsel. Für Arbeitsmigrant*innen, die ausgebeutet werden, ist es schwierig, ihre Rechte einzufordern oder eine Entschädigung zu erhalten. Sie dürfen keinen Gewerkschaften beitreten und können so nicht gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.
Die FIFA ist dafür verantwortlich, zu handeln, wenn an Weltmeisterschaftsprojekten beteiligte Arbeitskräfte Missbrauch erleiden, und sie muss ihren Einfluss geltend machen, um Katar zum angemessenen Schutz der Arbeitsmigrant*innen zu drängen. Die Realität ist jedoch, dass die Arbeitnehmenden in Katar weiterhin ausgebeutet werden – auch jene, die am Weltmeisterschaftsprojekt mitarbeiten.
Als die FIFA die Weltmeisterschaft an Katar vergab, wusste sie – oder hätte wissen müssen –, dass die Austragung der WM in diesem Land mit Risiken behaftet sein würde, weil das Land stark auf Arbeitsmigrant*innen angewiesen ist und diese Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt sind. Es wurden zwar Fortschritte im Bereich Arbeitsrechte erzielt. Doch die anhaltenden Missbräuche zeigen auf, dass Katar und die FIFA noch viel zu tun haben, wenn die Weltmeisterschaft eine nachhaltig positive Wirkung auf die Menschenrecht haben soll.
Deshalb fordern wir die FIFA auf, gegen die Verletzung der Rechte der Arbeitnehmer*innen anzugehen. Sie muss dringend Massnahmen treffen, um sicherzustellen, dass alle für die Weltmeisterschaft im Einsatz stehenden Arbeitnehmenden ihre Rechte ausüben können. Sie muss Katar öffentlich auffordern, die eigenen Reformen umzusetzen, damit jene, die so viel zur Durchführung des Turniers beitragen, ihren Traum von einem anständigen Leben für sich und ihre Angehörigen auch leben können.
Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Katar 2022 zur Game-Changerin für Arbeitsmigrant*innen wird.
Hintergrund
Insgesamt 2,3 Millionen Arbeitsmigrant*innen verdienen in Katar ihren Lebensunterhalt, sie stellen dabei 95 Prozent der Arbeitskraft. Davon sind derzeit rund 20’000 Arbeiter auf den WM-Baustellen im Land tätig. 173’000 Personen, meist Frauen, sind als Hauspersonal angestellt. Viele von ihnen leiden unter den nach wie vor schlechten Arbeitsbedingungen: Sie erhalten ihren Lohn oft unregelmässig, verspätet, oder überhaupt nicht. Bis vor kurzem durften sie nur mit Einverständnis der Arbeitgeber*innen den Job wechseln oder einfach nur das Land verlassen. Diese Regelung ist inzwischen zwar gesetzlich abgeschafft, wird aber in der Praxis weiterhin angewandt und zunehmend erneut in Frage gestellt. Schliesslich ist vor allem Hauspersonal, trotz einer Gesetzesform, Missbrauch und Ausbeutung ausgeliefert: Hausangestellte müssen bis zu 18 Stunden täglich arbeiten, haben keine Ruhepausen, keinen freien Tag und werden häufig durch ihre Arbeitgeber*innen beschimpft, geschlagen und sexuell missbraucht. Die Täter*innen gehen fast immer straflos aus.