Es gibt auch gezielte Gewalt islamistischer Gruppen gegen Christen, die zumeist aus Ägypten, Äthiopien, Eritrea und Nigeria kommen. Zuletzt tötete der sogenannte Islamische Staat 49 Christen in Libyen.
Die von der EU angestrebte Zerstörung von Schlepperbooten würde die Situation für Ausländer in Libyen nach Ansicht von Amnesty International noch verschärfen. «Wenn die EU ihre Pläne umsetzt, sitzen die Flüchtlinge vollends in der Falle», sagt Cyrielle Huguenot von Amnesty International Schweiz. «Da auch Ägypten und Tunesien beginnen, ihre Grenzen zu schliessen, bleibt ihnen der gefährliche Weg über das Mittelmeer als einzige Chance, der zunehmenden Gewalt und Grausamkeit in Libyen zu entkommen.» Es wird erwartet, dass heute die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini die geplante Zerstörung von Schlepperbooten mit dem Uno-Sicherheitsrat diskutiert.
Amnesty International fordert von der EU, die Seenotrettung auf dem Mittelmeer deutlich auszudehnen und mehr Aufnahmeplätze für Flüchtlinge in der EU zu schaffen. «Ohne sichere und legale Fluchtwege bleibt Tausenden nichts anderes übrig, als sich in die Hände skrupelloser Schlepper zu begeben», stellt Cyrielle Huguenot fest. Angesichts der zunehmenden Gewalt in Libyen fordert Amnesty aber auch die Nachbarländer Tunesien und Ägypten auf, ihre Grenzen für Flüchtlinge offen zu halten. «Die immer dramatischere Situation in Libyen treibt auch Menschen in die Flucht, die dort bisher Arbeit und Schutz gefunden hatten.»
Der Amnesty-Bericht beschreibt Fälle von Entführung, Erpressung, Vergewaltigung und Folter durch Schmuggler und bewaffnete Banden auf dem Weg nach und durch Libyen ebenso wie die grausame Behandlung in den Flüchtlingslagern, in denen libysche Behörden Männer, Frauen und Kinder auf unbestimmte Zeit einsperren.
«Die Zustände in Libyen hat die Staatengemeinschaft durch ihre Untätigkeit mitverschuldet», sagt Huguenot. «Seit dem Ende des Nato-Militäreinsatzes 2011 haben westliche Staaten tatenlos zugesehen, wie Libyen in Gesetzlosigkeit versinkt und bewaffnete Gruppen das Land ins Chaos stürzen. Sie dürfen jetzt nicht das Leid der Flüchtlinge und Migranten in Libyen ignorieren.»
Medienmitteilung veröffentlicht: London, Bern, 11. Mai 2015
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