In der in London unterzeichneten Erklärung fordern die Organisationen, darunter Amnesty International, ein Abkommen für ein Verbot der Herstellung und des Handels von Ausrüstung, deren Anwendung grundsätzlich eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Dazu gehören Schlagstöcke mit Spikes oder Elektroschockbandagen, die an Taille, Arm, Bein oder Fussgelenk angebracht werden. Ferner fordern sie die Einführung menschenrechtsbasierter Kontrollen für den Handel mit der Standardausrüstung für Strafverfolgungsbehörden, wie Pfefferspray, Gummigeschosse oder Handschellen. Diese Gegenstände werden unter Verstoss gegen das Völkerrecht häufig zur Folter oder anderen Formen der Misshandlung eingesetzt.
Folter zerstört die Würde und Persönlichkeit des Menschen. Ein solches Abkommen würde eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der Menschenwürde spielen.»
Alex Kigoye, Programmverantwortlicher beim African Centre for Treatment and Rehabilitation of Torture
«Die Staaten haben beim Handel mit Folterinstrumenten viel zu lange weggeschaut, wodurch Unternehmen überall auf der Welt mit dem Schmerz und der Not anderer Menschen wirtschaftliche Gewinne erzielen» sagte Verity Coyle, Beraterin für Recht und Politik bei Amnesty International. «Alle Staaten stehen hier in der Verantwortung, gemeinsam entschlossen vorzugehen, um diesen Handel unter Kontrolle zu bringen. Diese Erklärung ist ein wichtiger Schritt hin zu einem internationalen Abkommen.»
Tränengas, Gummigeschosse, Schlagstöcke und Fesseln wurden in den letzten Jahren dazu eingesetzt, um Protestierende, Menschenrechtsverteidiger*innen und andere bei Demonstrationen und in Hafteinrichtungen überall auf der Welt einzuschüchtern, zu unterdücken und zu bestrafen.
Umfassende globale Kontrollen für ein globales Problem
Tausende von Demonstrierenden haben durch den rücksichtslosen Einsatz von Gummigeschossen Augenverletzungen erlitten, andere wurden von Tränengasgranaten getroffen, mit übermässigen Mengen an chemischen Reizstoffen attackiert, mit Schlagstöcken angegriffen oder durch Fesselungen in schmerzhafte Positionen gezwungen.
Dennoch gibt es derzeit keine globalen menschenrechtsbezogenen Kontrollen für den Handel mit der Ausrüstung von Strafverfolgungsbehörden. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat jetzt die historische Gelegenheit, für die Aufnahme von Verhandlungen über ein solches Abkommen zu stimmen.
Dr. Simon Adams, Präsident und Geschäftsführer der internationalen gemeinnützigen Organisation Center for the Victims of Torture mit Sitz in den USA, sagte: «Ich treffe überall auf der Welt Menschen, die Folter überlebt haben. Ich sehe ihre Wunden und die Folgen eines Klimas der Straflosigkeit, das es Firmen erlaubt, Folterinstrumente auf dem Weltmarkt ungehindert zu verkaufen. Ein darauf ausgerichtetes Handelsabkommen kann Folter verhindern, indem es den Verkauf von Waren reguliert und verbietet, die dazu eingesetzt werden, unvorstellbares Leid zuzufügen.»
Dem Vorstoss für ein Abkommen zur Kontrolle des Handels mit Folterwerkzeugen ging die Verabschiedung des globalen Waffenhandelsabkommens voran. Beschlossen wurde es 2013 von einer überwältigenden Mehrheit von Staaten. Auch mit dem neuen Abkommen soll wie 2013 ein Flickenteppich nationaler und regionaler Gesetze und Vorschriften durch umfassende globale Kontrollen ersetzt werden, die beim Waffenhandelsabkommen darauf abzielten, Waffentransfers zu stoppen, die schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht nach sich zogen.
Handel mit Folterwerkzeugen ist «ausser Kontrolle geraten»
Einige der Unterzeichnenden der Erklärung gaben an, mit Folteropfern gearbeitet zu haben, die durch Gummigeschosse geblendet worden waren, sie wüssten von Frauen, die nach der Einwirkung von Tränengas eine Fehlgeburt erlitten hatten, sowie von Menschen, die durch Schläge mit Schlagstöcken dauerhaft entstellt wurden, und Überlebende, die für den Rest ihres Lebens traumatisiert seien.
Alex Kigoye, Programmverantwortlicher bei der NGO African Centre for Treatment and Rehabilitation of Torture in Kampala, Uganda, sagte: «Folter zerstört die Würde und Persönlichkeit des Menschen. Sie hat schwerwiegende Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft, und ein entsprechender Vertrag würde eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der Menschenwürde spielen.»
Dr. Michael Crowley von der Omega Research Foundation erklärte: «Die Untersuchungen von Omega über den Handel mit Folterwerkzeugen zeigen, dass dieser derzeit ausser Kontrolle geraten ist. Er ist ein globales Problem, das eine globale Antwort erfordert. Durch das aktuelle Verfahren der Vereinten Nationen haben wir jetzt die einmalige Chance, diesen Handel unter Kontrolle zu bringen.»
Fatia Maulidiyanti, Koordinatorin der pan-asiatischen Menschenrechtsgruppe Kontras, betonte, dass der Handel mit Tränengas dringend kontrolliert werden müsse.
Lucila Santos vom Menschenrechtsverband International Network of Civil Liberties (INCLO) sagte: «Ein Abkommen für die Kontrolle des Handels mit Folterwerkzeugen könnte Geräte, mit deren Einsatz ausnahmslos ein Missbrauch begangen wird, aus dem Verkehr ziehen und dazu beitragen, Menschenrechtsverletzungen auf der Strasse im Zusammenhang mit Protesten zu verhindern. Ohne strenge und auf den Menschenrechten basierende internationale Handelskontrollen werden Demonstrierende in ganz Lateinamerika weiterhin schwere physische und psychische Traumata erleiden.“»