Die meisten Hinrichtungen fanden in China, Iran, Pakistan, Saudi-Arabien und in den USA statt – in dieser Reihenfolge.
China bleibt weltweit der grösste Henker, aber genaue Zahlen sind unbekannt, da Informationen zur An-wendung der Todesstrafe in China als Staatsgeheimnis betrachtet werden. Zu den 1634 Hinrichtungen weltweit kommen Tausende von Hinrichtungen in China.
Abgesehen von China fanden fast 90 Prozent der Hinrichtungen in nur drei Ländern statt: Iran, Pakistan und Saudi-Arabien.
2015 wurden Hinrichtungen in 25 Ländern dokumentiert, ungefähr in jedem 8. Land weltweit; im Jahr zuvor waren es 22 Länder. Die Zahl ist immer noch deutlich kleiner als vor zwanzig Jahren; 1996 wur-den Hinrichtungen in 39 Ländern durchgeführt.
Mindestens 1998 Todesurteile in 61 Ländern wurden 2015 dokumentiert; eine Abnahme gegenüber dem Vorjahr als mindestens 2466 Todesurteile in 55 Ländern dokumentiert wurden.
Mindestens 20‘292 Menschen sassen Ende 2015 im Todestrakt.
Globaler Trend zur Abschaffung der Todesstrafe
Weltweit haben gut 70 Prozent aller Staaten (140) die Todesstrafe aus ihren Strafgesetzen gestrichen oder wenden sie in der Praxis nicht mehr an (Stand November 2016):
- 104 Staaten haben die Todesstrafe vollständig abgeschafft.
- 7 Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für aussergewöhnliche Straftaten wie etwa Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor.
- 30 Staaten haben die Todesstrafe in der Praxis, aber nicht im Gesetz abgeschafft.
- Somit wenden momentan insgesamt 141 Staaten die Todesstrafe nicht mehr an.
- 57 Staaten halten weiterhin an der Todesstrafe fest. In diesen Ländern leben allerdings rund zwei Drittel der Weltbevölkerung.
Hinrichtungsmethoden
Im Jahr 2015 wurden folgende Hinrichtungsmethoden angewendet:
Enthaupten: Saudi-Arabien
Erhängen: Afghanistan, Ägypten, Bangladesch, Indien, Iran, Irak, Japan, Jordanien, Malaysia, Pakistan, Singapur, Sudan und Süd Sudan
Giftinjektion: China, USA und Vietnam
Erschiessen: China, Indonesien, Jemen, Nordkorea, Saudi-Arabien, Somalia, Taiwan, Tschad und Vereinigte Arabische Emirate
Unfaire Verfahren, Folter
In vielen Staaten, in denen Menschen zum Tode verurteilt oder hingerichtet wurden, entsprachen die Gerichtsverfahren nicht den internationalen Standards für einen fairen Prozess. In einigen Fällen basierten 2015 Urteile auf «Geständnissen», die durch Folter oder Misshandlung erpresst worden sein könnten – so in Bahrain, China, Irak, Iran, Nordkorea und Saudi-Arabien.
Nicht nur für «schwerste Verbrechen»
Viele Staaten verurteilen Menschen zum Tode und führen auch Hinrichtungen für Delikte durch, die nicht zu den «schwersten Verbrechen» zählen. Darunter sind vorsätzliche Straftaten mit tödlichem Ausgang zu verstehen, eine Schwelle, die das Völkerrecht für die Verhängung eines Todesurteils setzt. In mindestens zwölf Staaten in Asien und im Nahen Osten wurde 2015 die Todesstrafe für Drogendelikte angewandt. Weitere nicht tödliche Straftatbestände, derentwegen aber 2015 Todesurteile verhängt oder vollstreckt wurden, waren u. a. Wirtschaftsverbrechen wie Korruption (China, Nordkorea und Vietnam),
Ehebruch (Malediven, Saudi-Arabien), «Apostasie», Abwendung vom Glauben (Saudi-Arabien), Entführung (Irak), Beleidigung des Propheten des Islams (Iran) und verschiedene «Verbrechen gegen den Staat» (China, Nordkorea u. v. a.).
2015 wurden zwingend vorgeschriebene Todesurteile in elf Staaten verhängt, darunter Ghana, Iran,
Jordanien, Malaysia, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien und Singapur. Eine Verurteilung in Folge der obligatorischen Todesstrafe ist mit Menschenrechtsprinzipien unvereinbar, da sie die persönlichen Um-stände eines Angeklagten oder die speziellen Umstände einer Straftat nicht berücksichtigen.
Unter Missachtung des Völkerrechts wurde 2015 der Anwendungsbereich der Todesstrafe in Ländern wie Guyana und Tunesien auf Terrorismus-Delikte ausweitet.
Todesurteile gegen Jugendliche
Internationale Menschenrechtsverträge verbieten es, Menschen zum Tode zu verurteilen, die zur Tatzeit noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht hatten. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Amerikanische Menschenrechtskonvention und das Übereinkommen über die Rechte des Kindes enthalten alle dahingehende Vorschriften. Mehr als 110 Staaten haben Gesetze erlassen, die ausdrücklich die Hinrichtung minderjähriger StraftäterInnen ausschliessen oder es kann davon ausgegangen werden, dass solche Hinrichtungen dort verboten sind, weil die betreffenden Staaten einem oder mehreren der oben genannten Abkommen beigetreten sind.
Seit 1990 sind Amnesty International nur neun Staaten weltweit bekannt geworden, die straffällige Jugendliche hingerichtet haben: China, Iran, Jemen, Nigeria, DR Kongo, Pakistan, Saudi-Arabien, Sudan und die USA. Die USA haben diese Praxis seit dem 1. März 2005 für ungesetzlich erklärt. Seit 1990 sind – soweit bekannt – 129 zur Tatzeit Minderjährige exekutiert worden, fast zwei Drittel davon in Iran.
Im Jahr 2015 richtete Iran vier und Pakistan mindestens fünf jugendliche StraftäterInnen hin und Bangladesch, Iran, Malediven und Pakistan verurteilten Minderjährige zum Tode. 2015 hatten ferner die Staaten Indonesien, Nigeria, Papua-Neuguinea und Saudi-Arabien zum Tode verurteilte Jugendliche in Haft.
Todesurteile gegen Behinderte
Das rechtsstaatliche Prinzip, mental behinderte und psychisch kranke Personen weder zum Tode zu verurteilen noch hinzurichten, wird inzwischen in den allermeisten Staaten dieser Erde akzeptiert. Die vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen verabschiedeten Garantien zum Schutz von Personen, denen die Todesstrafe droht, bestimmen, dass Todesurteile nicht gegen Personen verhängt werden dürfen, die geistig behindert oder geisteskrank sind.
Amnesty International hat seit 1995 von Hinrichtungen geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen in sechs Staaten erfahren: Iran, Japan, Jemen, Kirgisistan, Usbekistan und den USA. In anderen Ländern sind Hinrichtungen von Personen, die an geistigen Störungen leiden, zwar durch nationale Gesetze verboten, werden aber dennoch in Einzelfällen ausgeführt. Es gibt starke Hinweise darauf, dass in Todesstrafen-Prozessen der Dar-stellung, eine geistige Behinderung oder Erkrankung liege vor, nicht nachgegangen wurde oder dass medizinische Untersuchungen fehlerbehaftet waren. Menschen mit mentalen oder intellektuellen Behinderungen wurden 2015 in mehreren Ländern hingerichtet oder sassen im Todestrakt ein, unter anderem in Indonesien, Japan, Pakistan und den USA.
Hinrichtung von Unschuldigen
Solange an der Todesstrafe festgehalten wird, kann das Risiko, dass Unschuldige hingerichtet werden, in keinem Rechtssystem der Welt ausgeschlossen werden. So mussten seit 1973 in den USA 156 Menschen wegen erwiesener Unschuld oder erheblicher Zweifel an ihrer Schuld aus den Todestrakten entlassen werden. Davon sind 74 Fälle allein seit Anfang 2000 aufgedeckt worden. Einige Gefangene standen nach jahrelanger Haft kurz vor ihrer Hinrichtung. Nicht wenige dieser Fehlurteile gehen auf eine unzureichende Verteidigung und Verfehlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zurück. Weitere Ursachen liegen darin begründet, dass in den Verfahren unglaubwürdige Hauptbelastungszeugen, Beweismittel und Geständnisse zugelassen wurden.
Das Problem, möglicherweise oder tatsächlich Unschuldige hinzurichten, beschränkt sich nicht auf die USA al-lein. Zu Unrecht verhängte Todesurteile sind 2015 zum Beispiel auch aus Ägypten, China, Nigeria, Pakistan, Taiwan und USA bekannt geworden.
Geheimhaltung
Viele Länder, die Hinrichtungen durchführen, tun dies unter strikter Geheimhaltung; der Öffentlichkeit werden keine Informationen gegeben und in einigen Fällen werden nicht einmal die Angehörigen und Anwälte im Voraus über Hinrichtungen informiert.
In Belarus, China und Vietnam ist die Anwendung der Todesstrafe ein Staatsgeheimnis. Wenige Informationen sind erhältlich in Eritrea, Malaysia, Nord-Korea und Syrien.
Fortschritte
Der globale Trend zur Abschaffung der Todesstrafe ist nicht mehr umzukehren. Jedes Jahr wird der Kreis derjenigen Staaten, die auf die Todesstrafe verzichten, grösser.
1948, im Jahr der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, hatten nur gerade acht Staaten die Todesstrafe abgeschafft.
Seit Beginn der 1990er Jahren haben über 50 Staaten die Todesstrafe für alle Delikte abgeschafft.
Im Jahr 2007 haben Albanien, die Cook Islands und Ruanda die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft. Kirgistan und Kasachstan verzichten in Friedenszeiten auf die Todesstrafe.
2008 haben Usbekistan und Argentinien entschieden, definitiv auf die Todesstrafe zu verzichten.
2009 schlossen sich Togo und Burundi diesem Beispiel an.
2010 schaffte Gabon die Todesstrafe endgültig ab und die Mongolei beschloss ein Moratorium. Im Dezember 2010 fand die dritte Uno-Resolution für ein Todesstrafen-Moratorium mehr Zustimmung in der Generalversammlung als je zuvor.
2011 machten mehrere Staaten entscheidende Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe: Lettland (Ab-schaffung seit Anfang 2012); Sierra Leone und Nigeria (Moratorium für Hinrichtungen); Benin und Mongolei (Annahme von Konventionen zur Abschaffung der Todesstrafe). Ausserdem schaffte der US-Bundesstaat Illinois die Todesstrafe ab.
2012 strich Lettland die Todesstrafe vollständig aus seinen Gesetzen. Als 17. Bundesstaat der USA gab Connecticut im April 2012 die Todesstrafe auf.
2013 schaffte Maryland als 18. Bundesstaat der USA die Todesstrafe ab. Angola, Bolivien und Guinea-Bissau machten rechtliche Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe.
2014 Mehrere Staaten unternahmen Schritte in Richtung Abschaffung der Todesstrafe. Im Dezember stimmten mehr Staaten als je zuvor für eine Uno-Resolution, die ein Moratorium für Hinrichtungen fordert.
2015 haben vier Staaten die Todesstrafe für alle Delikte abgeschafft: Fidschi, Madagaskar, Kongo-Brazzaville und Surinam. Zusätzlich verabschiedete die Mongolei ein Gesetz, mit dem die Todesstrafe 2016 abgeschafft wird.