Amnesty International sieht das Internationale Olympische Komitee (IOK) in der Pflicht, während der Olympischen Winterspiele in Peking allen Versuchen der chinesischen Behörden entgegenzutreten, Menschenrechte weiter einzuschränken. Die Menschenrechtsorganisation fordert den Sportverband zu Beginn der Spiele nochmals auf, klar Stellung zu beziehen. «Das IOK hat bisher beide Augen vor der Tatsache verschlossen, dass sich Chinas Menschenrechtsbilanz seit den Sommerspielen 2008 dramatisch verschlechtert hat – entgegen allen Zusicherungen der Regierung», sagt Lisa Salza, Expertin für Sport und Menschenrechte bei Amnesty International in der Schweiz. Ein hochrangiges Mitglied des chinesischen Organisationskomitees hatte bereits ankündigt, missliebige Aussagen von Athlet*innen zu bestrafen. Dem müsse das IOK energisch widersprechen und für das Recht auf Meinungsfreiheit einstehen. Neben den Sportler*innen bräuchten auch alle Journalist*innen die Garantie, dass sie sich frei äussern und frei berichten können. «Tut das IOK dies nicht, macht es sich zur Komplizin eines repressiven Systems und verstösst gegen die eigenen Richtlinien für internationale Wettkämpfe.»
Ein hochrangiges Mitglied des chinesischen Organisationskomitees hatte bereits ankündigt, missliebige Aussagen von Athlet*innen zu bestrafen.
Dirk Pleiter, China-Experte bei Amnesty International in Deutschland, sagt: «Die Hoffnung, dass die Olympischen Spiele in Peking einen positiven Einfluss auf die Menschenrechtslage in China haben können, ist bestenfalls als naiv zu bezeichnen.» So hat zum Beispiel die pekingtreue Hongkonger Regierung angekündigt, den Deliktkatalog des menschenrechtswidrigen Sicherheitsgesetzes zu vergrössern. «Die Olympischen Spiele in China haben noch nicht einmal begonnen und schon zeigt ein Blick nach Hongkong, wie es mit grosser Wahrscheinlichkeit weitergehen wird, wenn das olympische Feuer in Peking erloschen ist», sagt Pleiter.
Die Schweizer Regierung hat entschieden, keine offizielle Vertretung an die olympischen Spiele zu entsenden – angeblich aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen. Ungeachtet dieses Entscheides muss die Schweiz sich dezidiert und öffentlich für die Menschenrechte in China einsetzen, fordert Amnesty International. Insbesondere sollte die Schweiz sicherstellen, dass das IOK als Verband mit Sitz in Lausanne, seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht vollumfänglich nachkommt, und dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Spielen ihr Recht auf Wiedergutmachung einfordern können.