©  M. Badarne
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Fussballweltmeisterschaft 2022 in Katar Schweizer Bevölkerung fordert von FIFA Entschädigung für Arbeitsmigrant*innen

Medienmitteilung 15. September 2022, London/Bern – Medienkontakt
Die FIFA soll Arbeitsmigrant*innen, deren Menschenrechte während der Vorbereitungen für die Fussballweltmeisterschaft 2022 verletzt wurden, entschädigen. Diese Forderung wird von fast drei Viertel der Bevölkerung in 15 Ländern unterstützt. In der Schweiz fordern dies gar 81 Prozent. Das ergab eine von Amnesty International in Auftrag gegebene weltweite Umfrage.

Noch höher ist die Zustimmung bei Personen, die angeben, wahrscheinlich mindestens ein Spiel des Turniers ansehen zu wollen (86 % der Befragten in der Schweiz). Weltweit unterstützen fast drei Viertel (73%) der Befragten den Vorschlag von Amnesty International und weiteren NGOs nach Entschädigungszahlungen.

Die repräsentative YouGov-Umfrage, an der sich mehr als 17‘000 Erwachsene beteiligten, ergab auch, dass eine deutliche Mehrheit (67%) befürwortet, dass sich ihre nationalen Fussballverbände öffentlich zu den Menschenrechtsverstössen im Zusammenhang mit der WM 2022 in Katar äussern und dabei auch die Entschädigung von Arbeitsmigrant*innen unterstützen. 70 Prozent der Befragten in der Schweiz fordern vom Schweizerischen Fussballverband (SFV) eine klare Stellungnahme. Zwar befürwortete der Präsident des SFV gegenüber den Medien die Errichtung eines Fonds zur Entschädigung von Arbeitsmigrant*innen. Bisher gab der SFV aber keine offizielle Erklärung ab, in der er die FIFA ausdrücklich auffordert, ein Entschädigungsprogramm einzurichten.

«Die Befragten wollen auch, dass ihre nationalen Verbände eine klare Haltung zu Menschenrechten einnehmen.» Lisa Salza, Verantwortliche für Sport und Menschenrechte bei Amnesty Schweiz

«Die Ergebnisse der Umfrage senden ein deutliches Signal an den Welt-Fussballverband. In allen Ländern, wo wir Menschen dazu befragt haben, sprach sich eine grosse Mehrheit für Entschädigungszahlungen durch die FIFA aus. Sie sind sich einig, dass die FIFA aktiver werden muss und alles daran setzen sollte, das Leid der Arbeitsmigrant*innen in Katar zu mildern. Die Befragten wollen auch, dass ihre nationalen Verbände eine klare Haltung zu Menschenrechten einnehmen», sagte Lisa Salza, Verantwortliche für Sport und Menschenrechte bei Amnesty Schweiz.

«Die Fans wollen keine WM, die unauslöschlich mit Menschenrechtsverstössen behaftet ist. Die begangenen Menschenrechtsverletzungen sind nicht mehr rückgängig zu machen, aber mit einem Entschädigungsprogramm können die FIFA und Katar den Hunderttausenden Arbeiter*innen, die für die WM ausgebeutet wurden, ein gewisses Mass an Wiedergutmachung anbieten.»

Weltweite Unterstützung für #PayUpFIFA

Die Ergebnisse der Umfrage unterstützen #PayUpFIFA, eine Kampagne, die im Mai 2022 von einem Zusammenschluss aus Menschenrechtsorganisationen − darunter Amnesty International −, Fangruppen und Gewerkschaften ins Leben gerufen wurde und in der die FIFA aufgefordert wird, einen Fonds zur Entschädigung der Arbeiter*innen einzurichten und künftige Menschenrechtsverstösse zu verhindern. Die Organisationen fordern, dass die FIFA mindestens 440 Millionen Dollar für den Fonds bereitstellt − so viel, wie sie an Preisgeldern bei der Fussball-WM der Männer ausschüttet. Die FIFA wird durch das Turnier schätzungsweise 6 Milliarden Dollar einnehmen.

Nach dem Start der Kampagne teilte die FIFA Amnesty International mit, dass sie den Vorschlag in Erwägung ziehe. Bisher hat sie aber noch keine öffentliche Stellungnahme abgegeben.

Seit 2010, als die FIFA Katar den Zuschlag für die Fussball-WM 2022 erteilte,  wurden Hunderttausende von Arbeitsmigrant*innen Opfer von Menschenrechts-verletzungen.

Seit 2010, als die FIFA Katar den Zuschlag für die Fussball-WM 2022 erteilte, ohne eine Verbesserung des Arbeitsschutzes zu verlangen, wurden Hunderttausende von Arbeitsmigrant*innen beim Bau und bei der Wartung der Stadien, Hotels, Verkehrswege und anderer Infrastrukturen, die für die Ausrichtung des Turniers erforderlich sind, Opfer von Menschenrechtsverletzungen.

Amnesty International fordert die FIFA und Katar auf, ein Entschädigungsprogramm unter umfassender Beteiligung von Arbeitnehmer*innen, Gewerkschaften, der Internationalen Arbeitsorganisation und der Zivilgesellschaft aufzusetzen. Das Programm sollte noch vor Beginn des Turniers am 20. November 2022 initiiert werden.

Das Programm sollte nicht nur eine Reihe von Entschädigungskosten abdecken, einschliesslich der Erstattung nicht gezahlter Löhne, der von Hunderttausenden Arbeitnehmer*innen gezahlten horrenden Vermittlungsgebühren und der Entschädigung für Verletzungen und Todesfälle, sondern auch Initiativen zum Schutz der Rechte der Arbeitnehmer*innen in der Zukunft unterstützen.

Seit 2018 hat Katar eine Reihe wichtiger arbeitsrechtlicher Reformen eingeführt, um die Rechte der Arbeitnehmer*innen zu verbessern. Wegen mangelhafter Durchsetzung kommt es jedoch weiterhin zu schwerwiegenden Verstössen. Verbesserungen an offiziellen FIFA-Standorten, wie z. B. in den Stadien, gelten zudem nur für eine Minderheit der Beschäftigten.

Zur Methodik der Umfrage

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, stammen von YouGov Plc. und basieren auf einer Umfrage, an der sich 17‘477 Erwachsene beteiligten. Die Umfrage fand zwischen dem 16. August und dem 6. September 2022 online statt. Die Zahlen wurden gewichtet und sind repräsentativ für alle befragten Länder (Erwachsene ab 18 Jahren), darunter Argentinien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Kenia, Mexiko, Marokko, den Niederlanden, Norwegen, Spanien, der Schweiz und die USA.

Zur Umfrage (in Englisch)