Loujain al-Hathloul
Zwischen dem 15. Mai 2018 und dem 10. Februar 2021 inhaftiert
Loujain al-Hathloul wurde im März 2018 in Dubai von saudischen Sicherheitskräften entführt, nach Saudi-Arabien verschleppt und dort im Mai 2018 erneut festgenommen, ohne Haftbefehl und unter strengster Geheimhaltung. Die saudische Frauenrechtsaktivistin blieb neun Monate lang ohne Anklage in Haft, während die Medien sie des «Verrats» und der «Verschwörung» beschuldigten. 2020 wurde sie von einem saudischen Gericht wegen Störung der öffentlichen Ordnung zu rund sechs Jahren Haft verurteilt, ihr wurden auch Verbindungen zu Amnesty International vorgeworfen – dies kam laut den Behörden einem «terroristischen Akt» gleich.
Loujain al-Hathloul verbrachte fast neun Monate in Einzelhaft und durfte wochenlang keinen Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen. Sie wurde bedroht und misshandelt. Fast drei Monate lang wurden Loujain und ihre Mitaktivistinnen mit Stromschlägen, Peitschenhieben, Schlägen, sexueller Belästigung und Schlafentzug gefoltert.
Während ihrer Inhaftierung trat sie dreimal in den Hungerstreik. «Jetzt, da sie frei ist, kann ich jeden Tag mit ihr sprechen. Aber ihr Telefon wird abgehört, auch durch die Spionagesoftware Pegasus», erzählt ihre Schwester Lina, die selbst das Land rechtzeitig verlassen konnte. Loujain lebt und arbeitet immer noch in Saudi-Arabien.
Lesen Sie den Artikel von Lina al-Hathloul zur Lage der Frauen in Saudi-Arabien
«Loujain darf weiterhin nicht ausreisen», sagt Lina. «Wir hoffen, dass die Behörden ihren Fall endlich abschliessen, das Ausreiseverbot aufheben und ihr erlauben, wieder ein normales Leben zu führen. Loujain liebt ihr Land und würde gerne dort bleiben, trotz der Doppelbestrafung, die ihr auferlegt wurde. Ihr einziges Verbrechen bestand darin, dass sie in Würde leben wollte. Loujain sollte gefeiert werden, sie sollte ein Beispiel für den Fortschritt Saudi-Arabiens sein. Die Behörden würden viel gewinnen, wenn sie sie als die Heldin behandeln würden, die sie ist.» (JMB)
Raif Badawi
Zu 10 Jahren Gefängnis, hoher Geldstrafe und 1000 Stockhieben verurteilt. 2022 aus der Haft entlassen, mit einem Ausreiseverbot bis 2032 belegt.
Der Internet-Aktivist Raif Badawi hatte es gewagt, in einem Blog die Meinungs- und Redefreiheit zu verteidigen. Auch unterstützte er andere kritische Anliegen wie etwa das Recht von Frauen, Auto zu fahren. Deswegen und weil er wegen religionskritischer Artikel den Islam beleidigt habe, wurde er am 8. Mai 2014 zu 1000 Stockhieben, zehn Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von einer Million saudischen Rial (umgerechnet rund 236'000 Franken) verurteilt. Die ersten 50 Hiebe wurden am 9. Januar 2015 auf dem Marktplatz der Hafenstadt Dschiddah ausgeführt. Aufgrund seiner sehr schlechten gesundheitlichen Verfassung wurde die Prügelstrafe mehrere Male ausgesetzt.
«Während seiner Haft standen wir regelmässig über ein öffentliches Telefon im Gefängnis in Kontakt », erzählt seine Frau Ensaf Haidar, die mit den drei Kindern kurz vor Raif Badawis Verhaftung ins kanadische Exil fliehen konnte. «Wir sprachen ein- oder zweimal pro Woche mit ihm. Er hat bis heute nie erzählt, wie es im Gefängnis war. Ich weiss nicht genau, warum.»
Trotz seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Jahr 2022 darf Raif das Land noch immer nicht verlassen, und zwar bis 2032. «Jetzt, wo er frei ist, können wir uns immerhin regelmässig über Facetime austauschen», sagt Ensaf Haidar. Sie hat seit seiner Verhaftung unermüdlich für die Freilassung ihres Mannes gekämpft, hat versucht, Unterstützung von der Regierung Kanadas zu kriegen. Das kanadische Parlament antwortete ihr, dass es einverstanden damit sei, Raif die kanadische Staatsbürgerschaft zu verleihen. Doch bislang ist nichts geschehen.
Raifs Fall hat in Saudi-Arabien viel Aufmerksamkeit erregt: Eine vorzeitige Aufhebung des Reiseverbots würde einen Gesichtsverlust für die Behörden bedeuten. «Es macht doch keinen Sinn mehr, Raif in Saudi-Arabien weiterhin von seiner Familie fernzuhalten», sagt Ensaf. «Besonders jetzt, wo die Veränderungen und die Offenheit, für die er sich eingesetzt hatte, auch von der saudischen Regierung propagiert werden.» (JMB)
Manahel al-Otaibi
Seit dem 16. November 2022 in Haft
Am 9. Januar 2024 verurteilte das berüchtigte Sonderstrafgericht Saudi-Arabiens die 29-jährige Manahel al-Otaibi in einem Geheimprozess wegen «terroristischer Straftaten» zu elf Jahren Haft. Die Fitness- und Gesundheitstrainerin stand wegen Verstosses gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität unter Anklage. Sie hatte sich auf Twitter für mehr Frauenrechte eingesetzt und auf Snapchat Fotos von sich im Einkaufszentrum ohne Abaya (ein traditionelles, locker sitzendes, langärmeliges Gewand) geteilt,
Zwischen dem 5. November 2023 und dem 14. April 2024 war Manahel verschwunden; ihre Familie konnte sie nicht erreichen. Dies war sehr beunruhigend für die Angehörigen, wie ihre Schwester Fouz berichtet: «Ich habe im Gefängnis von Malaz angerufen, weil ich mir Sorgen gemacht habe, dass es ihr nicht gut geht. Ich habe immer wieder versucht, sie zu erreichen.» Als Manahel endlich ihre Familie anrufen konnte, erzählte sie, dass sie in Einzelhaft gehalten werde und geschlagen worden sei, was zu einem gebrochenen Bein geführt habe. Manahel sagte auch, dass sie im Gefängnis am Sport gehindert werde und kein Yoga machen dürfe. Sie ist Fitnesstrainerin, und das regelmässige Training ist ihr sehr wichtig, um eine Muskelerkrankung in den Griff zu bekommen.
Manahel befindet sich derzeit im al-Mazal-Gefängnis in Riad. Sie kann ihre Familie sporadisch anrufen, alle paar Wochen, aber es gibt keine festen Zeiten. Offen zu sprechen, ist gefährlich. Daher ist nur wenig über ihre momentane Situation bekannt. Gefängnisbesuche sind der Familie nicht erlaubt.
«Manahel, meine andere Schwester Mariam und ich gehören zu den prominentesten Aktivistinnen für die Rechte der Frauen in Saudi-Arabien. Wir versuchten doch nur, ein normales Leben zu leben und unsere Rechte auszuüben», sagt Manahels Schwester Fouz al-Otaibi, die mittlerweile in Grossbritannien lebt. Gegen die Schwester Mariam ist in Saudi- Arabien derzeit ein Reiseverbot verhängt. «Sie haben es weiterhin auf alle Frauen abgesehen, die sich für die Rechte der Frauen einsetzen. Ich kämpfe weiterhin für meine Schwester und versuche, sie zu retten», sagt Fouz al-Otaibi. (mre)
Unterstützen Sie Manahel al-Otaibi und fordern Sie ihre Freilassung