Amnesty International und «Stop Killer Robots», ein globaler Zusammenschluss von mehr als 180 Organisationen, haben heute ein neues Tool vorgestellt, das einen erschreckenden Ausblick auf die Zukunft von Krieg, Polizeiarbeit und Grenzkontrollen gibt.
Escape the Scan ist ein Augmented Reality Spiel, bei dem die Spieler*innen dem Scan von Gesichtserkennungssoftwares, Bewegungssensoren oder autonomen Waffen solange entkommen müssen, bis die Zeit abläuft. Escape the Scan ist auf den Instagram- und Facebookseiten von «Stop Killer Robots» verfügbar. Das Spiel soll aufmerksam machen auf die Gefahren autonomer Waffen und ist Teil einer grossen Kampagne, die ein neues internationales Gesetz zum Verbot autonomer Waffensysteme fordert.
«Wir bewegen uns auf das Albtraumszenario einer Welt zu, in der Drohnen und andere hochentwickelte Waffen ohne menschliche Kontrolle Ziele auswählen und angreifen können.» Verity Coyle, Beraterin für Militär, Sicherheit und Polizeiarbeit bei Amnesty International
Mehrere Länder investieren massiv in die Entwicklung autonomer Waffen, obwohl verheerende Auswirkungen auf die Menschenrechte zu erwarten sind, wenn Maschinen kontrollieren, wann und wo Gewalt eingesetzt wird. Im Dezember wird eine Gruppe von Uno-Expert*innen entscheiden, ob Verhandlungen über ein neues internationales Abkommen zur Autonomie von Waffensystemen aufgenommen werden sollen. Amnesty International und «Stop Killer Robots» haben eine Petition gestartet, in der alle Regierungen aufgefordert werden, sich ein solches Abkommen einzusetzen.
«Wir bewegen uns auf das Albtraumszenario einer Welt zu, in der Drohnen und andere hochentwickelte Waffen ohne menschliche Kontrolle Ziele auswählen und angreifen können. Escape the Scan soll aufzeigen, wozu die Killerroboter bald in der Lage sein könnten», sagte Verity Coyle, Beraterin für Militär, Sicherheit und Polizeiarbeit bei Amnesty International.
«Maschinen über Leben und Tod entscheiden zu lassen, ist ein Angriff auf die Menschenwürde und wird vermutlich zu verheerenden Verstössen gegen das Kriegsrecht und die Menschenrechte führen. Ausserdem wird die Gesellschaft dadurch entmenschlicht. Menschen werden auf reine Daten, die digital verarbeitet werden können, reduziert. Wir brauchen einen robusten, rechtlich bindenden internationalen Vertrag, um die Verbreitung von Killerrobotern zu stoppen – bevor es zu spät ist.»
«Seit einem Jahrzehnt reden wir in der Uno über autonome Waffen. Die Länder, die solche Waffen entwickeln, blockieren diese Gespräche jedoch», sagte Ousman Noor von der Kampagne Stop Killer Robots. «Der Uno-Generalsekretär, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, Wissenschaftler*innen, Robotik-Expert*innen – sie alle fordern ein rechtliches Abkommen gegen diese Waffen. Bei Maschinen, die entscheiden können zu töten, müssen Entscheidungstragende eine Grenze ziehen.»
Es ist Zeit, Grenzen zu setzen
Am 2. Dezember 2021 wird die Expert*innengruppe der Konvention über bestimmte konventionelle Waffen (CCW) entscheidende Gespräche darüber aufnehmen, ob die Verhandlungen über einen neuen Vertrag zum Schutz vor Killerrobotern fortgesetzt werden sollen. Bislang haben 66 Länder einen neuen, rechtsverbindlichen Rahmen für autonome Waffensysteme gefordert. Der Fortschritt wird jedoch gebremst von einer kleinen Zahl mächtiger Staaten, darunter Russland, Israel und die USA, die die Schaffung eines neuen internationalen Abkommens für verfrüht halten.
Wenn Soldat*innen durch Maschinen ersetzt werden, erleichtert dies die Entscheidung, in den Krieg zu ziehen. Doch Maschinen sind nicht in der Lage, komplexe ethische Entscheidungen zu treffen. Es gibt keinen Ersatz für die menschliche Entscheidungskompetenz.
«Wir haben bereits gesehen, dass Technologien wie Gesichts-, Emotions-, Gang- und Stimmerkennung nicht fähig waren, Frauen, People of Color und Menschen mit Behinderungen zu erkennen und dass sie immense Menschenrechtsverletzungen verursachen», sagt Noor. Der Einsatz dieser Technologien im Krieg, bei Polizeieinsätzen oder der Grenzkontrolle wäre katastrophal.
Trotz dieser Risiken investieren einige Länder massiv in die Entwicklung autonomer Systeme, darunter die USA, China, Israel, Südkorea, Russland, Australien, Indien, die Türkei und Grossbritannien. So entwickelt Grossbritannien eine ferngesteuerte Drohne, die im autonomen Modus fliegen und ein Ziel innerhalb eines programmierten Bereichs identifizieren kann. In China sind kleine Drohnen-Schwärme in der Entwicklungsphase. Sie können so programmiert werden, dass sie alles angreifen, was eine Körpertemperatur ausstrahlt. Russland hat einen Roboterpanzer gebaut, der mit einem Maschinengewehr oder einem Granatwerfer ausgestattet werden kann.
Stop Killer Robots ist ein globaler Zusammenschluss von mehr als 180 internationalen, regionalen und nationalen NGOs und akademischen Einrichtungen, die in 66 Ländern daran arbeiten, eine sinnvolle menschliche Kontrolle über den Einsatz von Gewalt durch die Entwicklung eines neuen internationalen Abkommens zu gewährleisten. Amnesty International ist eine von neun Organisationen im Lenkungsausschuss der Koalition.