Die Verabschiedung des Waffenhandelsabkommens (Arms Trade Treaty, ATT) durch die UNO-Generalversammlung wurde zu Recht als historischer Erfolg gefeiert. Über zwanzig Jahre lang hatten sich Organisationen wie Amnesty International für ein Abkommen zur Kontrolle des internationalen Waffenhandels eingesetzt. Der ATT ist Ende 2014 in Kraft getreten; ab heute treffen sich die Unterzeichnerstaaten zur ersten substanziellen Konferenz in Genf.
International verbindliche Standards
Erst jetzt, bei der Umsetzung durch die Vertragsstaaten, wird sich zeigen, ob aus dem ATT tatsächlich ein humanitärer Meilenstein wird oder ob er ein zahnloser Papiertiger bleibt. Da die Schweiz Gastgeberin des Abkommens ist, kommt ihrer Regierung und der Zivilgesellschaft in dieser Frage eine besondere Verantwortung zu.
Der ATT setzt erstmals international verbindliche Standards für die Kontrolle des globalen Handels mit konventionellen Waffen und Munition. Er verbietet Waffenlieferungen in ein Land, wenn ein grosses Risiko besteht, dass mit diesen Waffen schwere Menschenrechtsverletzungen oder Kriegsverbrechen begangen werden. Das Abkommen soll zu «internationalem und regionalem Frieden, Sicherheit und Stabilität beitragen» sowie «menschliches Leid verhindern».
Schweizer Interesse am Waffenexport
Die Schweiz hatte bei der Entwicklung des ATT eine positive Rolle gespielt; unter Federführung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hatte sie sich in den schwierigen internationalen Verhandlungen für einen «möglichst starken und effektiven» Text eingesetzt. Die Entwicklungen danach legen jedoch nahe, dass die Schweizer Interessen weniger der Friedenspolitik gelten als dem Rüstungsstandort.
Nach Unterzeichnung des ATT hat die Schweiz ihre Rüstungsexportkontrolle zweimal gelockert. Im März 2014 stimmte das Parlament einer Aufweichung der Exportkontrolle zu und im April 2016 unternahm der Bundesrat eine abenteuerliche Neuauslegung der Kriegsmaterialverordnung. Seither darf die Schweizer Rüstungsindustrie wieder Waffen in Staaten liefern, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen, solange die exportierten Waffen nicht direkt dabei eingesetzt werden. Und auch Länder, die in einen internen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, dürfen neu beliefert werden.
Vorbild mit Fragezeichen
Waffenexportkontrolle lockern statt stärken: Mit dieser Politik torpediert die Schweiz ihre Rolle als Vorbild, die sie als Gastgeberin des ATT in Genf unbedingt einnehmen sollte. Zwar haben bereits 130 Staaten den ATT unterzeichnet und 87 ihn ratifiziert, aber für eine strikte Umsetzung braucht es den politischen Willen der Regierungen. Es muss endlich verhindert werden, dass Waffen in die Hände von Unrechtsstaaten, Bürgerkriegsmilizen oder Kriminellen fallen. Um das zu erreichen, sind offensichtlich weiterhin das Engagement der Zivilgesellschaft und eine kritische Begleitung der ATT-Verhandlungen nötig.