Diese Verzögerungstaktik ist schlicht empörend. Tatsächlich will die Mehrheit des Ständerates eigentlich keine verbindlichen Regeln, um Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte und der Umwelt zu verpflichten. Diese Parlamentarier täten besser daran, eine klare Position einzunehmen und die Konzernverantwortungsinitiative endlich den Stimmberechtigten vorzulegen. Solange das Parlament weiterdebattiert, kann das Volk nicht abstimmen. Mit dieser Taktik des Ständerats könnte es Ende 2020 dauern, bis die Volksabstimmung stattfinden kann!
Die Unterschriften wurden bereits im Oktober 2016 in der Bundeskanzlei eingereicht. Seit nunmehr mehr als zwei Jahren diskutieren beide Parlamentskammern über einen indirekten Gegenvorschlag. Neunzehn Kommissionssitzungen wurden ihm gewidmet, zweimal hat der Nationalrat klar für die Annahme eines Gegenvorschlags und für Regeln gegen die schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen durch multinationale Unternehmen gestimmt. Der Ständerat seinerseits hat den Inhalt des Gegenvorschlags mehrfach verwässert und die Diskussion nun auch noch verschoben – damit bestätigt die Mehrheit in der kleinen Kammer, dass sie gar keinen Kompromiss will.
Immer mehr Stimmen fordern derweil, dass das Parlament in diesem Bereich Gesetze erlassen sollte. So haben sich die Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren, Grossunternehmen wie Migros, Coop und Manor, aber auch Wirtschaftsorganisationen wie die Fédération des entreprises romandes und die Vereinigung der multinationalen Firmen der Genferseeregion GEM (Groupement des entreprises multinationales) für einen Gegenvorschlag ausgesprochen.
Trotz dieser Forderungen nach verbindlichen Regeln hat der Bundesrat in diesem Sommer eine neue Idee aus dem Hut gezaubert: Multinationalen Konzerne sollen einmal jährlich einen Bericht über ihren Umgang mit Menschenrechten und Umweltauflagen veröffentlichen. Wenn sie dies nicht tun, müssen sie zumindest eine Begründung dafür abliefern. Das wäre eine reine Alibi-Übung. Denn weshalb sollten skrupellose multinationale Unternehmen freiwillig damit aufhören, Kinderarbeit zuzulassen oder die Umwelt zu belasten, wenn sie nicht gesetzlich dazu gezwungen sind und mit einem einfachen Bericht davonkommen können?
Es ist bedauerlich, dass Ständeräte dem Druck der Lobby der Wirtschaftsverbände SwissHoldings und Economiesuisse nachgeben. Wir brauchen VolksvertreterInnen, die ihre Verantwortung wahrnehmen und nicht versuchen, bei einem so wichtigen Thema auf Zeit zu spielen.